Zwischen Klimaschutz und Verdrängung: Zur sozialen Dimension ökologischer Stadtentwicklung
Rabea Thielbeer und Helene Helleckes
Inmitten sich überlagernder Krisen – sozial, ökologisch, ökonomisch – wird der urbane Raum zu einem zentralen Schauplatz der Auseinandersetzung um Zukunftsfähigkeit, Teilhabe und Gerechtigkeit. Städte gelten als Schlüsselorte nachhaltiger Transformation, doch die normative Leitidee ökologischer Modernisierung steht zunehmend im Spannungsverhältnis zu empirisch beobachtbaren Prozessen sozialer Exklusion. Vor allem Begrünungsmaßnahmen und nachhaltigkeitsorientierte Stadtentwicklungsprojekte entfalten nicht selten ambivalente Wirkungen: Sie verbessern Umweltstandards, tragen jedoch zugleich zur symbolischen und materiellen Aufwertung städtischer Quartiere bei – mit dem Risiko der Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen. Das vorliegende Paper setzt sich mit dem Phänomen grüner Gentrifizierung auseinander und geht der Frage nach, inwiefern ökologische Stadtentwicklung zur (Re-)Produktion sozialer Ungleichheit beiträgt. Statt auf individuelle Handlungsweisen zu fokussieren, geht es um die Analyse struktureller Kräfte: politische Rahmensetzungen, symbolische Aufwertungsprozesse und Leitbilder urbaner Planung. Aufbauend auf theoretischen Perspektiven wie dem Sustainability Fix, der Unterscheidung zwischen „Greening with“ und „Greening after Gentrification“ sowie Konzepten symbolischer Inwertsetzung, wird aufgezeigt, wie Nachhaltigkeit im städtischen Kontext als konfliktreduzierte Wachstumsstrategie eingesetzt werden kann – und welche sozialen Ausschlüsse sich dabei (re)produzieren. Ziel ist es, urbane Nachhaltigkeitspolitik in ihrer sozialen Tiefendimension zu beleuchten und für die Frage zu sensibilisieren, für wen, unter welchen Bedingungen und mit welchen Folgen „grüne“ Stadtentwicklung betrieben wird. Damit leistet der Beitrag einen kritischen Beitrag zur Diskussion um gerechte Stadttransformation im Kontext neoliberaler Planungskulturen.