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Die Geschichte des Rosa Winkels aus globaler Perspektive zu betrachten bedeutet, all seine Verstrickungen zu analysieren, internationale Ideentransfers nachzufolgen und aufzuzeigen, wie kollektive Identitäten und kollektive Erinnerungen entstehen.
Die Reise eines Symbols ist facettenreich und enthält viele Episoden. Dem Weg eines lokalen Faktors zu folgen, kann uns auf eine globale Reise bringen, bei der ein Aspekt dieser Geschichte einem anderen Moment zu widersprechen scheint. Die Geschichte des Rosa Winkels aus globaler Perspektive zu betrachten bedeutet, all seine Verstrickungen zu analysieren, internationale Ideentransfers nachzufolgen und aufzuzeigen, wie kollektive Identitäten und kollektive Erinnerungen entstehen.
Die Fallstudie des Rosa Winkels ist besonders bedeutsam, da sie beleuchtet, wie ein Symbol sowohl eine Erinnerungsbrücke zu einer gewalttätigen Vergangenheit der Verfolgung, ein Einstiegspunkt für innere Auseinandersetzungen innerhalb sozialer Gruppen oder sogar ein Symbol der Hoffnung und Ermächtigung sein kann. Diese Brücken sind auch kontextabhängig. Sie werden immer durch unser eigenes Verständnis von und Interaktionen mit der Welt um uns herum definiert. Mit anderen Worten, kann ein Denkmal für die von den Nazis ermordeten Homosexuellen dasselbe Symbol verwenden wie eine Gruppe von AIDS-Aktivist:innen in Nordamerika. Sie sind beide unterschiedliche Rosa Winkeln, aber auch dasselbe Rosa Winkel. Die Konfrontation mit dieser Vielfalt zwingt uns, die performative Rolle der Erinnerung für die Entstehung von Kollektiven, die Bedeutung einer gewalttätigen Vergangenheit für politische Utopien und internationale Missverständnisse zwischen nationalen Kontexten zu diskutieren.
Auch Dr. Tremblay sitzt zwischen zwei Kontinenten. Geboren in Montréal / Tiohtià:ke, aber seit über einem Jahrzehnt in Deutschland, schrieb er seine Dissertation an der FU Berlin über die Geschichte des Rosa Winkels. Inspiriert von seiner eigenen Migrationserfahrung und einem Aufeinanderprallen der Perspektiven jenseits des Atlantiks versucht er, eine globale Begriffsgeschichte mit einer queeren Geschichte des deutschen 20. Jahrhunderts zu verbinden.
In seine Forschung argumentiert er, dass die Zentrierung der Opferrolle zur Herstellung politischer Kollektive und zur Formung des offiziellen Gedächtnisses in Momenten der Einheit und Uneinigkeit verstrickt und untrennbar mit Prozessen der Ausgrenzung verbunden ist. Seiner Meinung nach demonstriert den Rosa Winkel die Gleichzeitigkeit von Einheit und Uneinigkeit innerhalb von Gedächtnisräumen.
Derzeit arbeitet er seine Dissertation in einer Monografie mit dem Arbeitstitel: A Badge of Injury: The Pink Triangle as Transatlantic Symbol of Gay and Lesbian Identities in the 20th Century aus.
Weitere Informationen finden Sie im BUA-Profil: XXXX
Website: shorturl.at/gFH79
Academia.edu: shorturl.at/fwzLN
Twitter-Account: https://twitter.com/seb_boo
Wenn Sie mehr wissen wollen, klicken sie hier:
Literaturliste zusammengestellt von Dr. Andrea Rottmann über Queere Zeitgeschichten im deutschsprachigen Europa: https://www.geschkult.fu-berlin.de/queerhistory/Bibliographie.html
Literaturliste zusammengestellt von Prof. Dr. Anna Hájková über Lesben und Transfrauen im Nationalsozialismusim: https://sexualityandholocaust.com/blog/bibliography/
Weitere Publikationen:
Jennifer Evans, “Introduction: Why Queer German History?”, German History 34, no 3 (2016), 371–384. doi:10.1093/gerhis/ghw034.
Craig Griffiths, The Ambivalence of Gay Liberation: Male Homosexual Politics in 1970s West Germany (Oxford: Oxford University Press, 2021).
Anna Hájková, Menschen ohne Geschichte sind Staub: Homophobie und Holocaust (Göttingen: Wallstein, 2021).
Jake Newsome, Pink Triangle Legacies: Coming Out in the Shadow of the Holocaust (Ithaca: Cornell University Press, 2022).
Andrea Rottmann, “Bubis Behind Bars: Seeing Queer Histories in Postwar Germany Through the Prison.” Journal of the History of Sexuality 30, no 2 (2021), 225-252.
Andere Links
Nasza queerowa historia / Unsere queere Geschichte, Online-Diskussion über queere Geschichte in Polen und Deutschland vom Goethe-Institut Warschau mit Joanna Ostrowska, Andrea Rottmann, Krzysztof Tomasik, moderiert von Mathias Foit, 15.10.2021.
https://www.youtube.com/watch?v=5yBsoxg3rVA
‘Table-Ronde - L’après-1945 : le long chemin menant à la reconnaissance’, Podiumsdiskussion zur deutschen queeren Erinnerung an den Nationalsozialismus vom Mémorial de la Shoah in Paris mit Anna Hájková, Birgit Bosold, Sébastien Tremblay, moderiert von Elissa Mailänder.
Publikationen (auswahl)
“Rosa Winkel et Pink Triangle. Comprendre la mémoire collective homosexuelle de la répression nazie dans une perspective transatlantique”, in Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande, Vol 53, no 2 Les homosexualités dans l’espace germanophone, 379-396
“Dealing with an Ocean of Meaninglessness: Reinhart Koselleck's Lava Memories and Conceptual History”, in Contributions to the History of Concepts. Vol 15, no 2 (2020), 7-28. (with Margrit Pernau, Max Planck Institute for Human Development, Berlin) DOI: https://doi.org/10.3167/choc.2020.150202
“Ich könnte ihren Schmerz körperlich spüren’: Die Historisierung der NS-Verfolgung und die Wiederaneignung des Rosa Winkels in der westdeutschen Schwulenbewegung der 1970er Jahre”, in INVERTITO – Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten. Vol 21, Special Issue: Verfolgung Homosexueller Männer und Frauen in der NS-Zeit (2019), 179-202.
‘Wer zählt als Opfer? Einige Gedanken zu Gedächtnissymbolen und Legitimation,’ in: History | Sexuality | Law, November 10, 2020. https://hsl.hypotheses.org/1516
‘Abtrünnige Queers und schwule Orthodoxie,’ in Geschichte der Gegenwart, June 30, 2021. [translation by Svenja Goltermann und Philipp Sarasin]. https://geschichtedergegenwart.ch/abtruennige-queers-und-schwule-orthodoxie/?fbclid=IwAR19o8Lz1IF2_eosDtjslM1X84nwAsIsMXsI3PhIvvseZSgLdZphm-pWk7Q