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Globale Kooperationen und Stärkung der Wissenschaft in Berlin

BUA-Sprecher Günter M. Ziegler auf dem Panel: "Professional development and career planning" mit Ricarda Opitz, Yoan Vilain, Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege Ina Czyborra und Fatma Deniz moderiert von Markus Rackow  Credit: David Fox

BUA-Sprecher Günter M. Ziegler auf dem Panel: "Professional development and career planning" mit Ricarda Opitz, Yoan Vilain, Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege Ina Czyborra und Fatma Deniz moderiert von Markus Rackow Credit: David Fox

Die Wissenschaft steht vor immer größeren Herausforderungen: Das Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse sinkt, während populistische Parteien an Einfluss gewinnen und die Wissenschaftsfreiheit gerät in vielen Ländern unter Druck. Globale strategische Forschungskooperationen spielen daher eine immer größere Rolle: Sie eröffnen Räume für gemeinsame Forschung, neue Perspektiven und innovative Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit. Besonders der Dialog mit Partnern aus dem Globalen Süden schafft neue Chancen für gerechtere Wissenschaftsbeziehungen und stärkt die Wissenschaftsfreiheit.

Wie diese Vernetzung konkret gelebt wird, zeigt sich mit dem übergreifenden Schwerpunkt „Internationalisierung“ der Berlin University Alliance – insbesondere durch die strategischen Partnerschaften. Mit der Universität Oxford verbindet der Verbund exzellente Spitzenforschung, die im Rahmen der gemeinsamen Oxford- Berlin Wissenschaftskooperation neue Impulse nach Berlin bringt. Die Partnerschaft mit der Universität Melbourne eröffnet nicht nur Zugang zu einem weiteren globalen Forschungs-Hotspot, sondern stärkt zugleich die Sichtbarkeit der Berliner Wissenschaft im internationalen Wettbewerb. Und durch die Partnerschaft mit Singapur entstehen wertvolle Brücken zwischen Europa und Südostasien – ein interkultureller Austausch, der Forschung vielfältiger macht und neue Perspektiven auf globale Herausforderungen eröffnet.

Ergänzt werden die Partnerschaften durch das Center for Global Engagement, das als Schaltstelle für Vernetzung mit dem Globalen Süden einzigartige Impulse für Diversität und exzellente Forschung setzt. So wird Internationalisierung im Berliner Exzellenzverbund zu einem Motor für Forschung, die gleichermaßen global verankert, vielfältig und zukunftsweisend ist.

Unterstützung bieten Formate wie die Jahrestagung des German Academic International Network in Boston (GAIN), die den Berliner Forschungsraum international sichtbar machen, Vernetzung fördern und Impulse für neue Kooperationen setzen.

Global Scholars' Gateway Berlin

Die Wissenschaftsfreiheit gerät weltweit unter Druck: In 34 Ländern ist sie laut Academic Freedom Index zuletzt gesunken. Trotz ebenfalls sinkender Tendenz zählt Deutschland weiterhin zu den oberen 15 Prozent der sichersten Länder für freie Forschung. Damit wird das Land – und insbesondere die Hauptstadt – zunehmend zu einem Anziehungspunkt für internationale Wissenschaftler*innen, die ihre Karriere in einem stabilen und offenen Umfeld fortsetzen können.

Die Stadt ist nicht nur laut Startup-Barometer ein beliebter Standort für Gründer*innen in Deutschland, sondern überzeugt auch im internationalen Vergleich: Laut Resonance Report zählt sie zu den drei attraktivsten Städten Europas, wenn es um Lebensqualität, wirtschaftliche Dynamik und internationale Anziehungskraft geht. Hinzu kommt ihre Position unter den "fDi" Top Ten der zukunftsträchtigsten europäischen Metropolen – ein Standort, der Forschung, Netzwerke und Lebensqualität auf besondere Weise verbindet.

Das Global Scholars' Gateway Berlin versteht sich als Einladung: an alle, die ihre wissenschaftliche Laufbahn in einem freien, vielfältigen und innovationsstarken Umfeld gestalten wollen – und Berlin als Ausgangspunkt für Forschung mit internationaler Strahlkraft entdecken möchten.

Zum Global Scholars' Gateway Berlin

Boston, GAIN & Berlin: Warum sich das Kommen jedes Jahr lohnt

Günter M. Ziegler am BUA-Stand auf der GAIN, Credit: Gerrit Rößler

Günter M. Ziegler am BUA-Stand auf der GAIN, Credit: Gerrit Rößler

Auch in diesem Jahr hat Günter M. Ziegler wieder als Sprecher der Berlin University Alliance und Präsident der Freien Universität Berlin auf der Jahrestagung des German Academic International Network (GAIN) in Boston den Exzellenzverbund vertreten. 

Wer einmal durch die Flure der GAIN in Boston gegangen ist, erkennt sie sofort wieder: die Mischung aus der Atmosphäre einer Messe und das Gefühl, alte Freunde und Bekannte zu treffen – alle mit denselben Interessen und Zielen. Zwischen Panels, Science Slam und dicht getakteten 1:1-Gesprächen entsteht in wenigen Stunden, was in E-Mails kaum gelingen kann — Vertrauen, gezielter Austausch und eine Message: „Berlin und Deutschland heißen alle willkommen!“ Die GAIN ist die größte deutschsprachige Karrieremesse für die Wissenschaft in Nordamerika; sie bringt Postdocs und Nachwuchsleitungen mit Universitäten, Forschungsorganisationen und Ministerien an einen Tisch – es entsteht ein Netzwerk.

Als Sprecher der Berlin University Alliance und Präsident der Freien Universität Berlin reise ich mit Kolleginnen und Kollegen aus den Berliner Universitätsleitungen und der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege (regelmäßig) an. Wir sind nicht nur da, um zu „rekrutieren“, wir hören zu: Welche Themen bewegen exzellente junge Forschende hier? Welche Rahmenbedingungen brauchen sie, um in Deutschland — und idealerweise in Berlin — den nächsten Schritt erfolgreich zu gehen?

Und wir stecken mitten im politischen Diskurs – die GAIN ist ja mal kritisch als „Klassenreise der deutschen Wissenschaft“ bezeichnet worden, das ist sie, und dafür ist sie wertvoll: Dabei ging es nicht nur um die Situation in den USA, sondern auch um die Förderung und die Verteidigung der Wissenschaften in Deutschland. Im intensiven Gespräch waren wir dabei nicht nur zwischen Universitätsleitungen und den Leitungen der außeruniversitären Forschungseinrichtungen, sondern auch in unterschiedlichsten Runden und 1:1 mit Staatssekretär Rolf-Dieter Jungk vom BMFTR (Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt), Mitgliedern des Wissenschaftsausschusses des Bundestags, den Präsident*innen von DFG, DAAD und Humboldt-Stiftung. Und mittendrin auch vier Ministerinnen und Ministern, darunter die Berliner Senatorin für Wissenschaft, Pflege und Gesundheit Ina Czyborra, die Vorsitzende der Wissenschaftsminister*innenkonferenz Bettina Martin, und Minister für Wissenschaft udn Kultur Falko Mohrs aus Niedersachsen - alle offen auch zum Zuhören und für substanzielle Gespräche.

In diesem Jahr war mein Besuch geprägt von…

… dem gemeinsamen Auftritt aus Berlin.

Und dass wir BUA-Universitäten einen gemeinsamen Tisch und gemeinsamen Auftritt auf der Messe hatten, war gut, gemeinsam mit dem Berlin Institute of Health und Einstein-Stiftung, mit der Uni Potsdam in der Nähe, nur die Bundesanstalt für Materialforschung BAM stand leider ein Stück weit entfernt, obwohl die ja auch die superstarken außeruniversitären Forschungsinstitute aus BR50 repräsentiert und genauso für integrierten Wissenschaftsraum Berlin steht …

… Matching statt Messe-Slogans.

Die stärksten Gespräche entstehen dort, wo Karrierewege konkret werden: Herausragende Berliner Forschungsthemen und die Ansprechpartner*innen dafür, Tenure-Track-Transparenz, Laborausstattung und Infrastruktur für exzellente Forschung, Dual-Career Möglichkeiten, Visa- aber auch Kita-Fragen — und ganz pragmatisch: Wann kann es losgehen, worauf bewerbe ich mich, wer begleitet den Übergang? Genau dafür ist die GAIN gemacht: Informationsdichte, Kontaktqualität, schnelle Anschlusswege.

… der Hauptstadt Berlin, die mit Verbundstärke punktet.

Als Berlin University Alliance – bestehend aus FU, HU, TU und der Charité – bündeln wir unsere Stärken: von exzellenter Spitzenforschung über klar strukturierte Karrierewege bis hin zur unmittelbaren Nähe zur klinischen Praxis. Der Exzellenzverbund mit seinen fünf Clustern, die ein außerordentlich breites wissenschaftliches Spektrum abdecken, von liberaler Weltordnung (SCRIPTS) bis zur Immunologie (ImmunoPreCept) stark nachgefragt, unterstreicht eindrucksvoll, wie sich Berlin zu einem führenden und nachhaltig wachsenden Standort für Wissenschaft und Innovation entwickelt.

… Netzwerken, die über diese Messe hinaustragen.

GAIN funktioniert, weil DFG, DAAD und Humboldt-Stiftung ihre Kräfte bündeln — und weil die Community selbst sie trägt: Alumni, PIs (Principle Investigators), Dekanate, und die Teams aus der Wissenschaftsverwaltung. Das macht die Gespräche substanziell, lösungsorientiert und vernetzt die Menschen, die die Verlagerung des Lebensmittelpunktes an einer Berliner Universität auf unterschiedlichen Ebenen begleiten und die Rahmenbedingungen für einen solchen Wechsel schaffen.

Was nehmen wir mit nach Berlin?

Schnellere Brücken zwischen Boston und Berlin: klare Kontaktpunkte für Bewerbungen, so wie unser jüngst erstelltes Global Scholars Gateway (siehe Infokasten oben), Stärkung der Zusammenarbeit mit den relevanten Verwaltungen und Ministerien, aber auch notwendiges Mentoring noch vor der Rückkehr in die Fakultäten.

Ein Wort an die Postdocs: Stellt Euch vor! Die Schritte von einer Email nach Berlin bis zur Einladung zum Seminarvortrag in Berlin und von dort zu den Planungen für eine Postdoc-Stelle oder der Bewerbung auf eine Nachwuchsgruppe oder eine Tenure Track-Professur sind kurz und schnell. Grab the opportunities!

Ganz gleich, ob Ihr Grundlagenforschung oder Translation vorantreibt: Berlin bietet eine einzigartige Dichte an Themen, Akteuren und Instituten, die das Andocken einfach und auch nicht-standardisierte Karrierewege möglich macht — zwischen den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen der BR50 bis hin zu Start-ups und Gesundheitsorganisationen. Kommt mit uns ins Gespräch; die Türen in den unterschiedlichen Bereichen sind weit geöffnet.

Die GAIN ist kein Schaulaufen. Sie ist ein Arbeitsraum — und einer, der Mut macht gemeinsam die Zukunft der Forschung mitzugestalten.

Forschung ohne Grenzen: Die Internationalisierung der Berlin University Alliance

Yoan Vilain

Yoan Vilain
Bildquelle: Janina Kusterka

Der Bereich „Internationalisierung“ ist ein Querschnittsbereich der Berlin University Alliance. Er bündelt die Kräfte der vier Verbundpartnerinnen, wenn es um die globale Ausrichtung geht. Hier werden die Leitlinien für internationale Strategien entwickelt, Partnerschaften wie mit Oxford, Melbourne oder Singapur vorangetrieben und neue Förderprogramme für Forschende auf den Weg gebracht. Geleitet wird der Bereich vom sogenannten Steering Committee, das sich aus je einer Expertin bzw. einem Experten der vier Verbundpartner*innen zusammensetzt: Herbert Grieshop (FU), Yoan Vilain (HU), Ulrike Hillemann-Delaney (TU) und Magnus Rüde (Charité). Das übergeordnete Ziel ist es, die gemeinsamen Ressourcen so zu bündeln, dass exzellente Forschung in einem globalen Netzwerk wachsen kann und Berlin als attraktiven Wissenschafts- und Innovationsstandort weltweit sichtbar zu machen.

Die Berliner Universitäten im Exzellenzverbund: Gemeinsam weltweit vernetzt

Seit Beginn seiner Karriere setzt sich Yoan Vilain für die wissenschaftliche Zusammenarbeit im europäischen und internationalen Raum ein. Vilain ist Mitglied Präsidiumsbeauftragter für Internationales und Europa an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist überzeugt, dass Internationalisierung ein zentrales Thema für die strategische Steuerung des Exzellenzverbunds ist. „Forschung ist per se international, weil wir uns mit globalen Herausforderungen befassen und einen länderübergreifenden Interessenaustausch pflegen“, erklärt er.

Einen großen Mehrwert des Berliner Forschungsverbunds sieht Vilain in den strategischen Partnerschaften mit Oxford, Melbourne und Singapur, die ganz nebenbei auch zu einer intensiveren Kooperation zwischen den BUA-Verbundpartnerinnen beitragen. „Zum Beispiel haben wir strukturierte Promotionsprogramme auf die Beine gestellt oder Forschungskooperationen, etwa zwischen Singapur, der HU und der Charité oder zwischen den drei Universitäten in Kooperation mit dem globalen Süden geschaffen“, berichtet er. „So haben wir eine bessere Verzahnung innerhalb Berlins durch Partnerschaften geschaffen, die eine einzelne Berliner Universität sicherlich nicht so bespielen könnte.“, kommentiert Vilain.

Eine neue Qualität der Internationalisierung sieht Vilain in der Kooperation von zwei Forschungsökosystemen – wie es aktuell zwischen Berlin und São Paulo geplant ist. „Wir sind in engem Austausch mit mehreren Wissenschaftseinrichtungen in São Paulo. Das bietet die Möglichkeit, etwas Neues zu pilotieren: nämlich eine Kooperation nicht nur als einzelne Einrichtung, sondern von Ökosystem zu Ökosystem, vielleicht sogar mit einem gemeinsamen Forschungsschwerpunkt.“

Für sein herausragendes Engagement im akademischen Austausch, insbesondere zwischen Frankreich und Deutschland, wurde er im Juni 2025 mit dem „Ordre des Palmes Académiques“ gewürdigt – einem der höchsten Auszeichnungen in Frankreich für Verdienste um Bildung und Wissenschaft. „Das war sehr unerwartet, weil man sich um diese Auszeichnung nicht bewirbt, sondern vorgeschlagen wird“, erzählt Vilain. Es habe ihn sehr berührt, gerade, weil er aus nicht-akademischen Verhältnissen komme: „Ich bin der Einzige in meiner Familie, der studiert hat und mit einem entsprechenden Werdegang im akademischen Kontext.“ Die Auszeichnung habe er auch der HU zu verdanken, sagt er. „Die Universität hat mir etwas gebracht, das ich ihr gerne in meiner Funktion heute wiedergeben möchte.“

Forschungsstandort Berlin: "Ein hervorragendes Portfolio"

Ulrike Hillemann-Delaney

Ulrike Hillemann-Delaney
Bildquelle: Christian Kielmann

Neben ihrem Einsatz für die Internationalisierung der Berlin University Alliance leitet Ulrike Hillemann-Delaney seit 2017 die Abteilung Internationales an der Technischen Universität Berlin. Erfahrungen in der internationalen Forschungszusammenarbeit machte sie bereits intensiv in leitenden Positionen unter anderem am Imperial College London und der Britischen Botschaft in Berlin.

Frau Hillemann-Delaney, Welche Rolle spielt der Bereich Internationales für die strategische Ausrichtung einer Universität?

Internationalisierung ist sozusagen Teil der strategischen Weiterentwicklung der Universität. Insofern unterstützen wir alle Kernbereiche der Universität, also Forschung, Lehre und Transfer. 

Wie gelingt dieser Spagat?

Zum Beispiel mit einem übergreifenden Konzept. 2024 haben wir an unserer Universität etwa das Konzept „TU Berlin International 2030“ entwickelt, um die Internationalisierung der TU Berlin zu stärken und ihre Position als eine der führenden Technischen Universitäten Europas zu festigen. Es setzt sich zusammen aus vier Leitgedanken: Globale Herausforderungen gemeinsam mit unseren internationalen Partnern zu adressieren, die Exzellenz der Forschung und Lehre an der TU zu fördern, unserer globalen Verantwortung gerecht zu werden und die Freiheit und Sicherheit der Forschung zu erhalten.

Sie sind seit 2017 die Leitung für Internationales an der TU. Was würden Sie sagen, hat sich im Laufe dieser Zeit verändert?

Wir haben leider verstärkt mit geopolitischen Spannungen, Unsicherheiten und Krisen zu tun – Themen, die wir 2017 in diesem Ausmaß noch nicht adressieren mussten. So mussten wir etwa einen Krisenmechanismus aufbauen, für den Fall, dass Mitglieder der TU Berlin im Ausland in Krisen geraten. Gleichzeitig ist das Thema Forschungssicherheit viel stärker geworden und der Bedarf an Beratung dazu, wie man mit internationalen Kooperationen umgehen muss. Das machen wir auch mit der BUA zusammen - in dem Projekt „Diplomatique Resiliance“. Da ist der Verbund sehr hilfreich.

Inwieweit ergänzen sich die internationalen Strategien der BUA mit denen der TU?

Der neue Berlin Global Scholars Gateway der BUA zum Beispiel, für internationale Studierende und Forscher*innen, fungiert als eine Vernetzung unseres International Campus‘ mit den Welcome Centers der anderen Partnerunis. Und auch die strategischen Partnerschaften der BUA ergänzen sich sehr gut mit denen, die wir als TU Berlin haben. Wir werden jetzt beispielsweise keine strategische Partnerschaft in Großbritannien für die TU Berlin aufsetzen, sondern haben da die Partnerschaft über Oxford.

Im Gegenzug haben wir mit unserer Strategie zur globalen Verantwortung dabei unterstützt, das Berliner Center for Global Engagement (BCGE) zu entwickeln. Dieses erreicht Dinge, die wir als TU nicht alleine machen könnten – zum Beispiel die Entwicklung bezüglich der Frage, wie man auf Augenhöhe kooperiert. Die HU und FU steuern hier viel Wissen insbesondere aus ihren Regionalstudienbereichen bei. Wir führen dafür zwei große DAAD-Projekte mit Partnern des globalen Südens. Und dann hätten wir natürlich auch alleine als TU Berlin die Africa Charter unterzeichnen können, wie die BUA es Ende letzten Jahres getan hat, aber der Impact wäre nicht derselbe gewesen. 

Die erste Förderphase der BUA im Rahmen der Exzellenzstrategie neigt sich dem Ende zu. Welche sind aus Ihrer Sicht die besonderen Erfolge und Meilensteine im Bereich Internationalisierung? Was konnten Sie bewegen und was haben Sie noch vor?

Zum einen haben wir die Kooperation mit Oxford mit sehr viel Leben gefüllt. Es gibt sehr viele gemeinsame Forschungsprojekte, wo auch gemeinsam Drittmittel eingeworben wurden. Als die BUA anfing, gab es nur eine Absichtserklärung und seitdem ist einfach unglaublich viel passiert. Ebenso haben wir das BCGE aufgebaut, auch das war auch nur ein Papierentwurf. Und das hat uns auch der International Advisory Board bestätigt: Wir haben damit Neuland betreten, so etwas in der Form gibt es kaum woanders. Auf der anderen Seite haben wir es da auch geschafft, sehr viele sehr spannende Forschungsprojekte zu unterstützen. Das hilft uns dabei, weiterzudenken, wie wir Internationalisierung in der Zukunft gestalten.

Was glauben Sie, was die BUA und Berlin als Forschungsstandort für internationale Studierende und Wissenschaffende attraktiv macht? 

Die Studierenden und Forscher*innen erwartet hier in Berlin ein Verbund von vier hervorragenden Forschungs- und Lehrhäusern. Es erwartet sie natürlich auch eine tolle Stadt, die sowohl von der politischen Seite her als auch von der Start-up-Szene, all das ist natürlich auch ein großes Asset. Ich glaube, gerade durch die stärkere Verschränkung der Forschung und schrittweise auch der Lehre an den Häusern haben die Studierenden, die hierherkommen, ein hervorragendes Portfolio, aus dem sie dann auswählen können. Das bekommt man nicht an jedem Standort.

Das Einstein BUA | Oxford Visiting Fellowship: Ein Praxisbeispiel für gelungene Zusammenarbeit

Karen Leeder

Karen Leeder
Bildquelle: André Wirsig

Ein Vorteil der strategischen Partnerschaften der Berlin University Alliance ist die Vernetzung unter Forschenden und die gemeinsame Nutzung zweier Forschungsökosysteme. So ermöglicht etwa die Oxford-Berlin-Wissenschaftskooperation durch vielseitige Programme einen Austausch zwischen den Forschungsstandorten Oxford und Berlin. Eines dieser Programme ist etwa das Einstein BUA/Oxford Visiting Fellowship, was gemeinsam mit der Einstein Stiftung Berlin ins Leben gerufen wurde. 

Karen Leeder ist Professorin am Schwarz-Taylor Lehrstuhl für Deutsche Sprache und Literatur in Oxford und beschäftigt sich intensiv mit zeitgenössischer deutscher Literatur und Poesie. 2023 kam Leeder als Einstein BUA | Oxford Visiting Fellow nach Berlin, wo sie für insgesamt drei Jahre an der Freien Universität forscht. Das Fellowship-Programm hat die Berlin University Alliance (BUA) gemeinsam mit der Einstein Stiftung Berlin (ESB) ins Leben gerufen, um Spitzenwissenschaftler*innen der University of Oxford längerfristig in die Berliner Forschungslandschaft einzubinden und damit die Oxford-Berlin Wissenschaftskooperation zu stärken. „Es schien mir eine fantastische Gelegenheit, eine längere Zeit in Berlin verbringen und wirklich Teil der akademischen und literarischen Landschaft Berlins zu werden“, erinnert sich Leeder. 

Als Visiting Fellow leitet Leeder das Projekt „AfterWords“, welches im Rahmen des Berliner Exzellenzclusters „Temporal Communities“ noch bis Ende 2025 gefördert wird. „In ‚AfterWords‘ beschäftigen wir uns mit dem Konzept der Afterness, was auf Deutsch in etwa ‚Nachträglichkeit‘ oder „Nachheit“ bedeutet. Es beschreibt in der Literaturwissenschaft das Gefühl, danach zu kommen und im Schatten des Vorangegangenen zu stehen“, erklärt die Literaturwissenschaftlerin. Im Kern entwerfen die Forscher*innen, ausgehend von den Konzepten Zeitlichkeit, Verspätung und Afterness, einen neuen theoretischen Ansatz zur deutschsprachigen Lyrik des 20. und 21. Jahrhunderts.

Ein Meilenstein von „AfterWords“, so Leeder, war ein experimentelles Seminar im zweiten Jahr, das parallel in Oxford und in Berlin stattfand und sich mit deutschsprachiger Gegenwartslyrik auseinandersetzte. „Zum Abschluss veranstalteten wir eine Konferenz im New College der University of Oxford, mit vielen großartigen Kurzvorträgen zu den Themen Nachleben, Nachträglichkeit und Afterness, wo sich die Studierenden und Doktorand*innen aus Berlin und Oxford vor Ort austauschen und vernetzen konnten. Das Seminar sowie die Abschlusskonferenz waren ein großer Erfolg“, erzählt sie.

Ein besonderes Highlight der letzten zweieinhalb Förderjahre waren für Leeder die vielen verschiedenen außeruniversitären Veranstaltungen, die sie und ihr Team im Rahmen des Projekts organisiert haben. Ihr war wichtig, mit ihrer Forschung aus dem rein akademischen Raum herauszutreten und einen Bezug zum kreativen Leben Berlins herzustellen. „AfterWords ist eine Partnerschaft zwischen der Wissenschaft und der kreativen Szene“, betont sie. „Dahingehend habe ich wirklich sehr viel Freiraum vom Fellowship-Programm bekommen.“

Zu den Events wurden auch zahlreiche internationale renommierte Schriftsteller geladen – darunter einige, deren Werke Leeder in der Vergangenheit ins Englische übersetzt hatte. Ihre Arbeiten sind preisgekrönt, erst im Juni 2025 wurde sie für ihre Übersetzung von Durs Grünbeins „Psyche Running“ mit dem höchstdotierten Lyrikpreis der Welt, dem Griffin Poetry Preis ausgezeichnet.  

Aktuell schreibt Leeder intensiv an einem neuen Buch. „Ich denke, es wird eine Sammlung von Essays rund um das Konzept der Afterness – mit Referenzen zu deutscher Lyrik, aber aus vielen unterschiedlichen Perspektiven“, erzählt sie. Es wird das Endprodukt des Projekts, welches sich bereits in der Abschlussphase befindet. Für Leeder wird „AfterWords“ damit jedoch noch längst nicht abgeschlossen sein, sagt sie. „Ich plane bereits zwei Bücher über das englische Vermächtnis von Rainer Maria Rilke, was im Grunde auch ein ‚AfterWords‘-Buch wird. Das Konzept wird mich also noch weiter begleiten.“  

Gerechte Forschung in einer ungleichen Welt

Universität in Khartum, Sudan

Universität in Khartum, Sudan
Bildquelle: Petr Adam Dohnálek, via Wikimedia Commons

Das Berlin Center for Global Engagement (BCGE) ist die zentrale Plattform der Berlin University Alliance (BUA) für globale Forschungskooperationen, akademische Freiheit und Wissenschaftsdiplomatie. In einer zunehmend vernetzten und geopolitisch komplexen Welt fördert das BCGE nachhaltige, globale Zusammenarbeit. „Wenn es eines der fernen Ziele der Wissenschaft ist, zu einer nachhaltigen Zukunft beizutragen, dann kann die Wissenschaft nur global sein“, sagt BCGE-Koordinator Romain Faure. „‚Lösungen‘, die allein im Globalen Norden erarbeitet werden, bergen die Gefahr, ihr Ziel zu verfehlen, weil sie die Bedürfnisse, Sichtweise anderer Weltregionen nicht berücksichtigen.“ Konkret heiße das: Kooperationen mit Ländern, die im Wissenschaftssystem einen marginalisierten Platz einnehmen – dem sogenannten Globalen Süden – unterstützen.

Im Rahmen des Engagements der BUA im Bereich Internationalisierung unterstützt das BCGE die vier Verbundpartnerinnen dabei, globale Kooperationsstrukturen gezielt auszubauen. Es fördert innovative Vorhaben – so werden per Call ausgewählte Signature Projects etwa zu Themen wie mentale Gesundheit in globaler Perspektive oder Arbeitsverhältnisse im internationalen Vergleich gefördert. Dabei öffnet das BCGE ihre Förderung auch für lokale Gemeinschaften und Personen aus der Zivilgesellschaft. „In vielen Ländern des Globalen Süden ist die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft viel verbreiteter und normaler als bei uns: Das wollen wir unterstützen“, so Faure.

Zusätzlich organisiert das BCGE Veranstaltungen und Formate wie das BUA Forum on Diplomatic Resilience zur Stärkung der Wissenschaftsdiplomatie oder das Theaterprojekt „Hidden Research“ zur Sensibilisierung für akademische Freiheit. „Unser ‚hidden gem‘ ist der Podcast Meridian“, erzählt Faure. „Die Reihe macht Forschung zwischen Globalem Norden und Süden einem breiten Publikum zugänglich“. Das BCGE fördert außerdem den Austausch durch Trainingsprogramme, Round-Tables und regelmäßige News oder Bulletins zur Sichtbarmachung globaler Wissenschaftskooperationen.

Eine zunehmende Herausforderung sieht Faure im Rückgang der akademischen Freiheit weltweit: „Wenn in immer mehr Ländern Themen offiziell oder faktisch zensiert werden, wird die Wissenschaft in eine sehr prekäre Lage hineinmanövriert.“ Gleichzeitig sehe er aber auch, dass immer mehr Universitäten sich mit ähnlichen Fragen beschäftigen. „Das Interesse an einer wirklich globalen Zusammenarbeit in der Wissenschaft ist sehr groß und wächst weiter“, so Faure.

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