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Ageing Well - Ein gemeinsames Forschungsprojekt zwischen der National University of Singapore und der Berlin University Alliance im Porträt

Eine der Grand Challenges-Initiativen der BUA widmet sich dem Bereich Global Health. „Ageing Well in the Urban Environment“ ist eines der geförderten Projekte. Es trifft einen Nerv, denn die Frage „Wie können wir im Alter gut versorgt und sozial eingebunden leben“ ist ein weltweit drängendes Thema.

Gutes Leben im Alter umfasst auch soziale Interaktionen, wie die zwei Männer auf dem Bild demonstrieren

Gutes Leben im Alter umfasst auch soziale Interaktionen, wie die zwei Männer auf dem Bild demonstrieren
Bildquelle: Kush Dwivedi/Unsplash

Zwei der größten Herausforderungen der Bevölkerungsentwicklung weltweit sind der demografische Wandel und die Urbanisierung. Die Weltbevölkerung altert. Beispiel Deutschland: Der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung steigt. Schon jetzt sind gut 16 Prozent der Bundesbürger*innen 75 und älter. Dank immer besserer medizinischer Versorgung kann die Baby Boomer-Generation, die jetzt in Rente geht, bei guter Gesundheit mit mindestens zwanzig weiteren Jahren Lebenszeit rechnen.

Parallel steigt der Anteil der Weltbevölkerung, der in Städten lebt. Bis 2030 werden es 60 Prozent sein. (Quelle: https://www.destatis.de) Von diesen Menschen wiederum leben viele im Alter alleine. In Deutschland, beispielsweise, sind ältere Frauen ab 65 die größte Gruppe unter allen alleinlebenden Bundesbürgerinnen.

Das kollaborative interdisziplinäre BUA-Projekt „Ageing Well in the Urban Environment“ hat sich die Erforschung der gesundheitlichen und sozialen Bedarfe der älteren Bevölkerung in Großstädten zum Ziel gesetzt. Es ist Teil der BUA Grand Challenge Initiative Gobal Health. Beteiligt sind das Institut für Allgemeinmedizin (Charité), das Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft (Charité), das Institut für Psychologie (HU), das Geographische Institut (HU) und die National University of Singapore (NUS). Die Forscher*innen aus Singapur werden mit Mitteln der NUS gefördert. Beteiligt sind Mediziner*innen, Soziolog*innen, Geograf*innen und Psycholog*innen. Sie gehen der Frage nach, wie gesundes Altwerden in der Großstadt gelingen kann.

Zwei Partner mit ähnlichen Herausforderungen

Berlin und Singapur eignen sich hervorragend für die Zusammenarbeit in diesem Projekt.  Der Arzt und Epidemiologe Wolfram Herrmann, Professor für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Versorgungsforschung, ist Sprecher des Projektes und sagt: „Singapur und Berlin sind beides Stadtstaaten, auf die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ähnliche Herausforderungen zukommen: eine alternde Bevölkerung und die Notwendigkeit, einerseits die medizinische und pflegerische Versorgung dieser Menschen sicherzustellen und andererseits der Vereinsamung alleinlebender älterer Menschen entgegenzuwirken.“

Singapur verfügt zwar über ein anderes Gesundheitssystem als Deutschland, jedoch mit ähnlichen Herausforderungen. So ist die Anzahl der Krankenhausbehandlungen in beiden Ländern überdurchschnittlich hoch. Bereits vor Beginn der Förderung erkundeten die Projektpartner*innen mit Hilfe von BUA-Seed Funding Grants gemeinsam das Forschungsthema.

Sie ergänzen sich gut. Die singapurische Soziologin Angelique Chan ist Direktorin des Centre for Ageing Research & Education an der Duke-NUS Medical School und eine renommierte Expertin auf dem Gebiet der Einsamkeitsforschung; Senior Researcher Abhijit Visaria forscht dort als Demograph. Die BUA-Forscher*innen wiederum bringen viel Expertise in den Bereichen medizinische Versorgung, Mobilität und Städteplanung ein.

Visaria erläutert: „Bei der Betrachtung von Aspekten einer altersfreundlichen Umwelt liegt die Aufmerksamkeit naturgemäß zunächst auf physischen Infrastrukturen.“ Dazu zählen etwa altersgerechte Gebäude oder der niedrigschwellige Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. „In unserer Studie wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass solche physischen Infrastrukturen wichtig sind, dass es aber vielleicht genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger ist, auch das Lebensumfeld zu betrachten. Dazu zählt insbesondere das Ausmaß, in dem ältere Menschen wahrnehmen, inwiefern ihre Umgebung ihren Bedürfnissen entspricht und eine bessere Gesundheit, größere Mobilität, höhere soziale Teilhabe und einen stärkeren sozialen Zusammenhalt fördert.“

Wer heute in Rente geht, kann bei guter Gesundheit noch mehrere Jahrzehnte sein Leben genießen

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Bildquelle: Matt Bennett/Unsplash

Für die Studie werden deshalb seit Dezember 2023 je 1050 Menschen ab 65 Jahren in Berlin und in Singapur, in jeweils drei verschiedenen Stadtgebieten quantitativ und qualitativ zu ihrem Alltagsleben befragt. Die Fragen sind in Berlin und Singapur jeweils die gleichen, lediglich auf den kulturellen Hintergrund angepasst. Die Auswertung der Antworten soll Aufschluss über den Ist-Zustand und über Verbesserungspotenziale geben. Im Mittelpunkt stehen vier sogenannte Schlüsseldimensionen des Wohlbefindens im Alter: Gesundheit, Mobilität, Einsamkeit und soziale Einflussfaktoren.

Wolfram Herrmann sieht große Chancen in der Zusammenarbeit: „Weil wir es mit unterschiedlichen Gesundheitssystemen und einem unterschiedlichen soziokulturellen Hintergrund zu tun haben, können wir viel voneinander lernen. Es wird spannend, die Ergebnisse in Singapur und Berlin miteinander zu vergleichen.“

Der Versorgungsforscher fügt hinzu: „Dass die Situation in der medizinischen Versorgung auf dem Land in einigen Regionen sehr angespannt ist, wurde in Forschungsprojekten bereits thematisiert. Dass es auch in vielen Bezirken großer Städte Versorgungslücken gibt, wird hingegen bisher häufig übersehen“

Gerade erst hat die Datenerhebung begonnen, aber langfristig sollen die Ergebnisse der Studie zur Verbesserung der sozialen und gesundheitlichen Versorgung von älteren Menschen im urbanen Raum beitragen.

Weitere Informationen

Ageing Well in the Urban Environment wird für zunächst drei Jahre von der BUA gefördert. Beteiligt sind auf deutscher Seite neben dem Arzt Wolfram Herrmann Paul Gellert, Professor am Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften der Charité, sowie die Geografin und Professorin an der Humboldt-Universität Dagmar Haase und der Psychologe Denis Gerstorf, ebenfalls Professor an der Humboldt-Universität.