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Africa Charter for Transformative Research Collaborations

Africa Charta

Africa Charta

Die Africa Charter for Transformative Research Collaborations ist ein wichtiger neuer Rahmen für die Gestaltung von Zusammenarbeit auf Augenhöhe in Forschungspartnerschaften. Sie ist das Ergebnis eines umfassenden Konsultationsprozesses, an dem eine Vielzahl afrikanischer Forschungs- und Hochschuleinrichtungen sowie internationale Akteure beteiligt waren. Die Initiative wurde vom Perivoli Africa Research Centre der Universität Bristol ins Leben gerufen. Nach Konsultationen und Austausch in Afrika und verschiedenen weiteren Diskussionen ist die Charta nun stark von lokalen Akteuren mitgestaltet.

Die offizielle Vorstellung der Charta fand am Mittwoch, dem 5. Juli 2023, im Rahmen der alle zwei Jahre stattfindenden AAU-Konferenz der Rektoren, Vizekanzler und Präsidenten afrikanischer Universitäten in Windhoek, Namibia, statt. Das Berlin Centre for Global Engagement nahm daran teil. Die Organisatoren waren vom überwältigenden Erfolg der Vorstellung überrascht: 76 Teilnehmer*innen unterzeichneten die Charta vor Ort für ihre Institutionen und ergänzten damit die bereits vor der Vorstellung gezeichneten und an der Ausarbeitung der Charta beteiligten Institutionen.

Derzeit prägen Kooperationen mit dem globalen Norden Afrikas Engagement in der globalen Wissenschaft. Die Ausgestaltung dieser Kooperationen ist entscheidend für Afrikas Position und Stellung in der globalen Wissenschaft. Die Charta fördert eine gerechtere und reichhaltigere globale wissenschaftliche Zusammenarbeit und legt Grundwerte fest, die von allen Forschern respektiert werden sollten. Die Charta ist ein fortlaufendes Projekt zur Entwicklung und Umsetzung von Verhaltenskodizes für Forschungskooperationen auf dem afrikanischen Kontinent.

Die Notwendigkeit einer Afrika-Charta

In Europa und weltweit wird die Notwendigkeit größerer Gerechtigkeit in globalen Forschungspartnerschaften zwischen dem Süden und dem Norden zunehmend anerkannt. Die Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd war in den letzten Jahrzehnten sehr ungleich verteilt und spiegelte nicht immer die afrikanischen Bedürfnisse, Ambitionen und Prioritäten wider. Die Afrika-Charta für transformative Forschungskooperationen bietet einen Rahmen, um zu verstehen, wozu Gerechtigkeit in Forschungspartnerschaften dient, was sie beinhalten muss und wie sie gewährleistet werden kann. Sie wurde von den wichtigsten Hochschul- und Wissenschaftseinrichtungen Afrikas mitgestaltet und wird bereits von mehr als 100 bedeutenden Wissenschaftsakteuren unterstützt, darunter europäische Universitätsnetzwerke, Fachgesellschaften sowie Hochschul- und Forschungseinrichtungen weltweit. Die Afrika-Charta basiert auf kritischer Wissenschaft und verlagert den Schwerpunkt und die Sichtweise klar auf den globalen Süden. Sie betont, dass der Hauptzweck der Förderung größerer Gerechtigkeit in Forschungskooperationen letztlich darin bestehen muss, das System der globalen wissenschaftlichen Wissensproduktion insgesamt ins Gleichgewicht zu bringen. Ziel ist es sicherzustellen, dass Wissenschaftler*innen, Institutionen und Wissen an sich des Kontinents (und des globalen Südens insgesamt) in diesem Bemühen ihren rechtmäßigen Platz einnehmen. Eine solche Neuausrichtung bringt die Förderung eines reicheren, wirksameren akademischen Unterfangens mit sich, das die vielfältigen Krisen der Menschheit bewältigen kann. Dabei geht es nicht nur um soziale Gerechtigkeit und die Aufarbeitung des kolonialen Erbes. Die Charta spiegelt die wachsende Erkenntnis innerhalb und außerhalb der Wissenschaft wider, dass die Aufrechterhaltung ungerechter, im Kolonialismus verwurzelter Hierarchien unhaltbar ist – und dass westliche Wissenssysteme, die die zahlreichen Krisen der Welt verursacht haben, nicht ausreichen, um diese zu lösen, dass dringend Alternativen erforderlich sind.

Ebenen und Ziele der Charta

Die Afrika-Charta erkennt an, dass Forschungspartnerschaften einen entscheidend wichtigen Einstiegs- und Hebelpunkt für systemische Veränderungen darstellen: Sie haben das Potenzial, transformativ zu wirken. Die Ebenen der Charta betonen, dass Partnerschaften, um wirklich transformativ zu sein, die vielfältigen Machtungleichgewichte in der wissenschaftlichen Wissensproduktion aktiv abbauen müssen. Diese entstehen durch die vorherrschende Verwendung eurozentrischer Epistemologien, Sprache, Konzepte, Theorien und durch den „Entwicklungs“-Framework in der Forschung, durch große Unterschiede in den institutionellen Kapazitäten und Asymmetrien in konkreten Kooperationsvereinbarungen. Begleitendes Forschungsmanagement- und Verwaltungsprozesse können das Ungleichgewicht zusätzlich verstärken.

Die Herausforderungen liegen auf allen Ebenen, und jede dieser Ebenen muss neu überdacht werden:

1: Epistemologie: Nicht-Westliche Wissenssysteme werden oft an den Rand gedrängt, epistemische Gewalt ist Teil des Kolonialismus. Annahmen über europäisch-westliche Wissens- und Seins-Weisen müssen hinterfragt werden.

2: Sprache: Sprache ist direkt mit der Epistemologie verbunden und definiert diese zumindest teilweise.

3: Die standardmäßige Verwendung westlicher Theorien und Konzepte als Kern und Linse zum Verständnis der Funktionsweise der Welt, einschließlich Afrikas, führt zu einer Orientierung am Westen. Dies kann nicht länger als selbstverständlich hingenommen werden, es muss untersucht werden, wie und in welcher Form und Wirkung sich westliche Theorien und Konzepte in der gemeinsamen Arbeit widerspiegeln.

4: Der „Entwicklungsblick“ betrachtet Afrika als unterentwickelt und stets als Ort mit Defiziten, der mit dem modernen westlichen Fortschritt Schritt halten muss. Dieses Narrativ muss hinterfragt und neu ausgelegt werden, da es beispielsweise zu einem Fokus auf Gesundheit führt, Ingenieurwesen und zukunftsweisende Technologien jedoch außer Acht lässt. Dies ist auch für die Finanzierung relevant.

5: Ressourcen: Ein Großteil der Ressourcen in Afrika fließt in die Grundbildung, während Mittel für Hochschulbildung und exzellente Forschung fehlen. Dies definiert, welche Art von Forschung betrieben werden kann und welche Stimme diese haben kann. Es bedarf Ressourcen, die langfristige, nachhaltige Forschungsprojekte ermöglichen.

6: und die praktischen Kooperationsvereinbarungen, die über die Frage hinausgehen müssen, wer die Projektleitung innehat oder an welcher Institution das Projekt angesiedelt ist.

Die sechs Ziele der Charta fordern Anpassungen der Richtlinien, von politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen von Hochschulen, Förderern, Verlagen und akademischen Governance-Einheiten, um sicherzustellen, dass eine transformative Form der Zusammenarbeit systematisch ermöglicht und gefördert wird und sich schrittweise als Maßstab und Standardpraxis innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft, und darüber hinaus, etabliert.

Von Interessengemeinschaft zur Aktionsgemeinschaft

Die breit aufgestellte Interessengemeinschaft, die hinter der Charta steht und neben den Unterzeichnern auch zahlreiche Forschungsförderer, Verlage und politische Akteure umfasst, unterstreicht die Bedeutung der Charter als Katalysator für einen zeitgemäßen Wandel. Die wichtigsten Träger- und Förderinstitutionen der Charta haben sich nun zu einer „Steering Group for the Africa Charter“ zusammengeschlossen. Zu dieser Gruppe gehören die Association of African Universities (AAU), die African Research Universities Alliance (ARUA), die African Academy of Sciences (AAS), CODESRIA, das International Network for Higher Education in Africa (INHEA), das Institute for Security Studies (ISS), Future Africa an der Universität Pretoria, die Universität Toronto sowie – als zentrale Förderinstitutionen – der Albert Luthuli-Forschungslehrstuhl der University of South Africa (UNISA), das Institute for Humanities in Africa an der Universität Kapstadt (HUMA) und das Perivoli Africa Research Centre der Universität Bristol (PARC).

Um die Umsetzung der Prinzipien und Ziele der Charta in die Praxis zu unterstützen – und eine Aktionsgemeinschaft rund um diesen Wandel zu fördern, wird die Steering Group ein Programm entwickeln, das sich mit kritischer Politik- und Praxisbewertung, wegweisenden Interventionen und gemeinsamen Lernprozessen für die Unterzeichner der Charta und weiterer Akteure des Hochschulwesens weltweit beschäftigt: Das Perivoli Africa Research Centre (PARC) an der Universität Bristol, das Institute for Humanities in Africa an der Universität Kapstadt (HUMA) und der Albert Luthuli Research Chair an der Universität Südafrika (UNISA) werden diese Bemühungen gemeinsam vorantreiben und koordinieren. Die Association of African Universities (AAU) wird aufgrund ihrer umfassenden kontinentalen Ausrichtung eine zentrale Plattform für Versammlungen und Engagement bieten.

Die ultimative Vision der Charta ist es, die vielen wertvollen und guten Initiativen zu bündeln und im Weiteren über gleichberechtigte Partnerschaften hinauszugehen: angestrebt wird eine gemeinsames Agenda-setting, den Respekt zu fördern für die vielfältigen und variablen, notwendigen Beiträge zu jeder Kooperation – und diesen Raum gemeinsam zu schaffen. Diese Beiträge reichen von der Finanzierung – die oft die Agenda bestimmt – über den Kontext und das Forschungsgebiet der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, weit über z.B. die Probenentnahme hinaus, und schließlich bis hin zur gesamten Arbeitsweise – hinsichtlich der verwendeten Methoden, Analysen, Interpretationen und der Anerkennung von Beiträgen. Gleichberechtigte Partnerschaften können nur entstehen, wenn alle Partner in die Partnerschaft eingebunden sind. Die Herausforderung besteht darin, allen Mitspracherecht und Handlungsspielraum zu geben - und die Auswirkungen der Vergangenheit anzuerkennen.

Ziel ist es, auch über die heutigen Formen gleichberechtigter Partnerschaften hinauszugehen, Kooperationen zu maximieren und zu optimieren und deren Wirkung auch über die Partnerschaften selbst hinaus zu steigern. Dieser Prozess kommt allen Beteiligten und darüber hinaus der ganzen Gesellschaft zugute.

The Berlin University Alliance officially signed the Africa Charter for Transformative Research Collaborations during the first international Conference of the Berlin Centre for Global Engagement “NEGOTIATING SCIENTIFIC COOPERATION IN AN UNEQUAL WORLD”, that took place in Berlin on November 20th 2024. The BCGE is actively developing activities to further the implementation of the Africa Charter in the Alliance.

Die Berlin University Alliance hat die Africa Charter for Transformative Research Collaborations offiziell während der ersten internationalen Konferenz des Berlin Centre for Global Engagement „NEGOTIATING SCIENTIFIC COOPERATION IN AN UNEQUAL WORLD“ unterzeichnet, die am 20. November 2024 in Berlin stattfand. Das BCGE entwickelt Aktivitäten, um die Umsetzung der Afrika-Charta in der Allianz voranzutreiben.