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Next Grand Challenge: Themensammlung und Themengruppierung

Die Themensammlung und die Themengruppierung sind abgeschlossen. Die Berlin University Alliance bedankt sich bei allen engagierten Forschenden, Studierenden und Jugendlichen für ihre bisherige Beteiligung am partizipativen Prozess der Next Grand Challenge. Wir freuen uns, Ihnen hier die Themen vorstellen zu dürfen und sind gespannt auf das Next Grand Challenge-Forum im Februar 2023, bei dem als nächster Schritt die Themenbewertung erfolgt.

Ergebnis der Themengruppierung

Von den im Zuge der Themensammlung eingereichten Themen von Forschenden und Studierenden gingen 28 Themen in die Themengruppierung ein. In den Jugendworkshops und im Ideencamp entstanden weitere 15 Themen, die von Jugendlichen vorgeschlagen wurden. Die insgesamt 43 Themen konnten in die folgenden 5 Themenfelder gruppiert werden.

Green Urban Spaces

Die globale Urbanisierung schreitet voran. Bereits heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Räumen. Die daraus resultierenden Herausforderungen sind immens, denn Städte sind nicht nur Ballungsräume wirtschaftlicher, kultureller und politischer Aktivitäten, sondern auch Hot Spots für Stress, Mobilität, Abfallerzeugung, Energie- und Ressourcenverbrauch und damit einhergehend für Umweltbelastungen, wie Lärm und Luftverschmutzung, mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Außerdem sind Städte für den Großteil der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Auswirkungen klimabedingter Extreme wie Hitze, Wasserknappheit oder Hochwasser sind in urbanen Räumen meist besonders verheerend.

Daneben bringt die Ansammlung vieler Menschen in großen Städten zahlreiche weitere Herausforderungen mit sich. Es bündeln sich Probleme wie Wohnungsnot durch explodierende Mietpreise und Gentrifizierung, soziale Ausgrenzung durch Armut und Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Herausforderungen eines hohen Mobilitätsaufkommens auf geringer Fläche. In urbanen Räumen in Entwicklungsregionen des globalen Südens ist die Lage noch prekärer. Dort ist Luftverschmutzung oftmals ein noch größeres Umwelt- und Gesundheitsrisiko und große Teile der Stadtbevölkerung leben in Slums unter schlechten Hygienebedingungen.

In diesem Themenfeld sollen Konzepte für zukunftsfähige, umwelt- und klimafreundliche, gesunde, sozial gerechte und lebenswerte Städte integrativ entwickelt und an Entscheidungsträger weitergeleitet werden. Dafür gilt es, wissenschaftliche Erkenntnisse für die Gestaltung nachhaltiger urbaner Räume, unter Berücksichtigung ihrer technischen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Komplexität, miteinander zu verzahnen. Dabei müssen Silodenken vermieden und verschiedene Lösungssysteme miteinander in Einklang gebracht werden. Die Lebenswirklichkeiten aller Menschen, die eine Stadt nutzen und gestalten, sollten bei der Entwicklung von Lösungsansätzen integriert werden.


Resources & Sustainability

Ein Großteil der globalen Probleme wie Treibhausgasemissionen, Biodiversitätsverlust und Wasserstress ist auf die Gewinnung und Verarbeitung von natürlichen Ressourcen zurückzuführen. Insbesondere nicht-regenerative Ressourcen, wie fossile Brennstoffe, Metalle und Mineralien erfordern bei der Gewinnung und Weiterverarbeitung einen erheblichen Einsatz von Energie, führen zu Müllproduktion, Freisetzung von Schadstoffen und Emissionen von Treibhausgasen und gehen oftmals mit Eingriffen oder Zerstörungen von Ökosystemen einher. Zudem ist der Großteil der weltweit vorkommenden nicht-regenerativen Ressourcen nur limitiert verfügbar. Durch das weltweite Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum steigt jedoch der Bedarf an ihnen, sodass die Gewinnung zunehmend schwieriger und teurer wird. In der Folge können Ressourcen-Konflikte zunehmen. Den Ressourcenbedarf stark zu verringern, Ressourcen effizienter zu nutzen sowie für nachhaltige Produktions- und Konsummuster zu sorgen, ist daher eine globale Verantwortung. Gleiches gilt für die Eindämmung der globalen Müllproduktion.

In diesem Themenfeld sollen innovative Technologien und Lösungsansätze für eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen erforscht werden. Eine wichtige Stellschraube hierbei ist die Erforschung einer Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen schont, Emissionen verringert und Abfall vermeidet. Relevant hierfür ist auch die Erforschung neuer Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen für verschiedene Anwendungsbereiche sowie deren Entsorgung. Gewonnene Erkenntnisse sollen in praktikable Lösungen übersetzt und diese an Entscheidungsträger weitergeleitet werden. Dazu bedarf es innovativer ganzheitlicher Ansätze verschiedener Disziplinen der Natur-, Geistes- und Gesundheitswissenschaften unter Einbindung verschiedener nichtwissenschaftlicher Akteursgruppen. Erfolgreiche Konzepte für eine Kreislaufwirtschaft in Berlin können als Vorreiter für andere Gebiete auf nationaler und internationaler Ebene dienen. 

Soziale und technische Innovationen in Zeiten des Wandels

In Zeiten von sich überlagernden und miteinander verzahnten Transformationen (z.B. Klima, Gesundheit, Energie, Migration) steht die Gesellschaft vor einem komplexen Wandel. Neben der Erschaffung nachhaltiger Innovationen (Techniken, Verfahren, Lebensweisen etc.) ist die begleitende Erforschung von Transformationsprozessen für spürbare Veränderungen und erfolgreiche Erneuerungen in der Gesellschaft von großer Bedeutung, um diese Herausforderungen und Konflikte zu bewältigen.

Es gilt, in diesem Themenfeld Antworten zu finden: Welche technischen und sozialen Innovationen führen zu nachhaltigen Lösungen? Wie kann ein Wandel in der Gesellschaft gestaltbar gemacht werden? Wie kann kommuniziert werden, um die Notwendigkeit einer Transformation ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen? Wie können Menschen unterstützt werden, zunächst einschneidende Entscheidungen umzusetzen oder Ablehnungen in Veränderungsprozessen abzubauen? Und wie können Menschen gleichberechtigt beteiligt werden? An der Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft kann Transfer kooperativ gestaltet werden.

Balancen im Anthropozän

Die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und ihrer Umwelt sind eng miteinander verknüpft und voneinander abhängig. Jedoch ist der Mensch im Anthropozän durch sein Handeln selbst zur Bedrohung dieser fragilen Balancen geworden. Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und Globalisierung und damit einhergehend Massentierhaltung, Monokulturen, Verschmutzung und Zerstörung von Ökosystemen, Ausstoß von klimaschädlichen Gasen etc. bedrohen Wohlbefinden, Gesundheit und schließlich die Existenz aller Lebewesen auf unserem Planeten. Messbare Auswirkungen sind zum Beispiel der Verlust an biologischer Vielfalt und die Verschlechterung von Ökosystemleistungen mit Relevanz für die Versorgung der Menschen mit lebenswichtigen Ressourcen sowie für das Klima unseres Planeten. Aber auch direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sind spürbar. Krankheitserreger und damit einhergehende Infektionskrankheiten verbreiten sich immer schneller. Darüber hinaus bilden immer mehr Erreger Resistenzen gegen Medikamente aus, was die Behandlung von Infektionen erschwert. Sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen leiden oftmals besonders stark unter den Auswirkungen gestörter Balancen im Anthropozän. Ärmere Menschen leben öfter unter schlechten Umweltverhältnissen oder können sich schlechter an Umweltrisiken anpassen und diese vermeiden.

In diesem Themenfeld sollen die komplexen Balancen zwischen Menschen, Tieren, Pflanzen und ihrer Umwelt in den Blick genommen werden. Es gilt, wichtige Stellschrauben, die Auswirkung auf die Balancen haben können, sowie Maßnahmen zur Prävention und Verbesserung gestörter Balancen im Anthropozän zu identifizieren oder zu entwickeln. Insbesondere gilt es, Lösungsansätze zu finden, um Auswirkungen gestörter Balancen auf die menschliche Gesundheit zu minimieren. Dazu bedarf es innovativer ganzheitlicher Ansätze verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen mit der Gesellschaft. Gewonnene Erkenntnisse müssen an Entscheidungsträger weitergeleitet und dabei die Gesellschaft als Ganzes mitgenommen werden.

Bildung & individuelle Entwicklung

Um Menschen besser auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten, bedarf es Verbesserungen des Bildungssystems und Möglichkeiten zur individuellen Entwicklung, z.B. erfordert die fortschreitende Digitalisierung es, notwendige digitale Kompetenzen zu erlernen. Unter anderem nehmen Lehrkräfte für die Bildung und Entwicklung eine zentrale Rolle ein, doch derzeit werden akute Handlungsbedarfe in der Lehrkräfteausbildung konstatiert und es zeigt sich ein quantitativer Lehrkräftemangel, der sich nicht nur in Deutschland, sondern global verschärft. Die gesellschaftliche Förderung von Bildung, auch über die Schule hinaus, ist daher von aktueller und zukünftiger Relevanz.

Das Forschungsfeld kann Gelingensbedingungen für Bildungserfolge und eine positive individuelle Entwicklung betrachten, sowohl mit Blick auf Schüler*innen als auch auf Lehrkräfte, um ausreichend gut ausgebildete Lehrkräfte zu haben, welche die nächste Generation unterrichten können. Für die individuelle Entwicklung trägt speziell die Anwendung innovativer Methoden zur Therapie von Menschen mit psychischen Belastungen oder Krankheiten dazu bei, die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft zu fördern. Insgesamt weist das Themenfeld deutliche Überschneidungen zu den anderen Themenfelder der Next Grand Challenge auf, indem es als Grundlage für exzellente Wissenschaft und Forschung in den verschiedenen Kontexten begriffen werden kann.

Methode

Die eingereichten Themenvorschläge wurden einem induktiven Vorgehen folgend zu Themenfeldern gruppiert. Dazu wurden alle Vorschläge gesichtet, analysiert und miteinander in Bezug gesetzt. So konnten Ähnlichkeiten und Überschneidungen der Vorschläge sichtbar gemacht werden und es konnte eine Wissensintegration stattfinden. Es entstanden fünf Themenfelder.

Für die Gruppierung wurde sich der Methode der qualitativen Inhaltsanalyse bedient (Mayring 2002). Diese thematische Analyse erlaubt die Identifizierung von Themen, die aus den Vorschlägen hervorgehen. Sie ist eine häufig genutzte Methode der qualitativen Datenanalyse, insbesondere in den Sozialwissenschaften. Die thematische Gruppierung umfasst folgende Schritte: Durch das wiederholte Lesen der Themenvorschläge wird ein intersubjektiver Gesamteindruck von Inhalt und Bedeutung erlangt. Die Daten werden mit Schlagworten versehen (sog. „Codes“), die das Hauptthema repräsentieren. In der Zusammenschau werden Gemeinsamkeiten in den Codes identifiziert und sie werden in Themen gruppiert. Daraufhin werden die identifizierten Themenfelder überprüft, verfeinert und ggf. zusammengeführt oder aufgeteilt. Abschließend findet die Benennung der Themenfelder mit einem Namen statt, der seinen Inhalt und Bedeutung wiedergibt und das jeweilige Themenfeld wird in einem kurzen Text beschrieben.

Literatur:

Mayring, Philipp (2002): Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken. 5. Aufl., Weinheim, Basel: Beltz Verlag.