Rückblick BUA Open Space #6: Wasser für alle?
Wasser kommt bei uns ganz selbstverständlich aus dem Hahn – doch wie lange noch? Auch in Berlin und Umgebung wird die Ressource knapper: Weniger Regen, sinkende Grundwasserspiegel und ein wachsender Bedarf durch Bevölkerung, Industrie und Landwirtschaft bringen das System unter Druck.
Im BUA OPEN SPACE zur Langen Nacht der Wissenschaften am 28. Juni 2025 luden wir unser Publikum ein, gemeinsam mit Forschenden und Akteurinnen aus Politik und Kultur über die Wasserzukunft Berlins zu sprechen.
Wer war dabei?
Auf dem Podium saßen: Prof. Dr. Irina Engelhardt, Hydrogeologin an der TU Berlin, Frauke Bathe, Referatsleiterin für Wasserwirtschaft und Geologie bei der Berliner Senatsverwaltung und Dr. Anna-Lisa Dieter, Kuratorin am Humboldt Labor. Moderiert wurde die Diskussion von Mads Pankow.
Im Laufe der Diskussion wurde klar: die geringen Niederschlagsmengen in der Region Berlin-Brandenburg sind ein Problem – aber an diesem Abend waren wir froh, dass das Wetter warm und trocken war und unsere Veranstaltung vor dem Hauptgebäude der HU Berlin nicht ins Wasser fiel.
Läuft doch alles. Oder?
Das Wasser kommt verlässlich aus dem Hahn, wir sehen tagtäglich Wasser um uns herum in Spree, Landwehrkanal, Havel und den Brandenburger Seen. Gibt es bei der Wasserversorgung wirklich ein Problem? Mit dieser Frage leitete Moderator Mads Pankow den Abend ein. Frauke Bathe von der Senatsverwaltung antwortete: Es gäbe keinen Grund zur Panik, aber damit die Versorgungssituation so bleibt, wie sie ist, müssten wir tätig werden und dafür sensibiliseren, sparsamer mit Wasser umzugehen. Dass die Spree sich so gut im Wasser zeigt, liege aber auch daran, dass sie aufgestaut sei.
Die Hydrogeologin Prof. Dr. Irina Engelhardt blickte deutlich ernster auf die aktuelle Lage: Bislang habe die Uferfiltration – also die Gewinnung von Grundwasser in Fluss- und Seenähe, bei der Schadstoffe auf dem Weg durch den Boden herausgefiltert werden – die Wasserversorgung zuverlässig abgesichert. Doch der Grundwasserspiegel sinkt, und insbesondere die Spree ist stark abhängig von der Wasserzufuhr aus der Lausitz.
Strukturwandel in der Lausitz
Der Hintergrund: Bei der Braunkohleförderung in der Region wird sogenanntes Sümpfungswasser abgepumpt und in die Spree eingeleitet – ein künstlicher Zufluss, der das Flusssystem bislang stabilisiert hat.
Mit dem geplanten Ausstieg aus der Braunkohle bis 2038 entfällt diese Wasserquelle vollständig. Eine grundsätzlich positive Entwicklung für Klima und Umwelt – doch mit erheblichen Folgen für die künftige Wasserversorgung in Berlin-Brandenburg. Diese neue Realität, so Engelhardt, müsse jetzt vorausschauend durchdacht und geplant werden.
Wasser ist ein Thema, das alle betrifft
Dr. Anna-Lisa Dieter ist Kuratorin der Ausstellung "On Water. WasserWissen aus Berlin", die im Oktober im Humboldt Forum eröffnet."Was hat euch am Thema Wasser interessiert?", fragte Moderator Mads Pankow. Wasser sei ein wichtiges Thema in der Berliner Forschung, antwortete Anna-Lisa Dieter. Eine Balance sei verloren gegangen, wir stehen derzeit sowohl einem Zuviel als auch einem Zuwenig von Wasser gegenüber und damit setze sich die Forschung in verschiedenen Disziplinen auseinander.
Brandenburg als Sorgenkind
Wieso ist Brandenburg besonders stark vom Wassermangel betroffen, fragte Mads Pankow Irina Engelhardt. Die Region habe vergleichsweise geringe Niederschlagsmengen, antwortete sie, ein trockenes, kontinentales Klima, hohe Sommertemperaturen – und durch die ganzjährig grünen Nadelwälder eine hohe Verdunstung. Außerdem sei Brandenburg eine flache Region, die sich nicht für den Bau von Talsperren eignet. Das Land sei stark von natürlichen Seen und Flüssen abhängig, die jedoch aufgrund von Trockenheit und unzureichenden Niederschlägen immer wieder mit Wassermangel zu kämpfen haben. Die Folge: Wasser ist hier ein strukturell knappes Gut.
Wasser, Gesellschaft und Kultur
Anna-Lisa Dieter richtete den Blick auf die sozialen und kulturellen Dimensionen der Wasserfrage. Sie sprach über das Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Aktivismus – ein Thema, das auch in der kommenden Ausstellung „On Water. WasserWissen in Berlin“ im Humboldt Forum eine zentrale Rolle spielen wird.
Ein interdisziplinäres Team arbeite derzeit daran, der Spree als Fluss eigene Rechte und eine rechtliche Würde zu verleihen – analog zur Diskussion um Flussrechte in anderen Teilen der Welt. Jurist*innen untersuchen, wie der Erhalt des Lebensraums Spree rechtlich einklagbar und vor Gericht vertreten werden könnte.
Was tut die Stadt Berlin?
Frauke Bathe schilderte die aktuelle Strategie der Berliner Verwaltung: Der Fokus liege momentan auf Kommunikation, auch über die Berliner Wasserbetriebe – weniger auf ordnungsrechtlichen Vorgaben.
Irina Engelhardt ergänzte, dass gesetzliche Rahmenbedingungen wie das Wasserhaushaltsgesetz es schwierig machten, Wasserentnahmen zu verbieten. Eine steuernde Preisgestaltung hingegen sei rechtlich möglich – und in anderen Ländern längst üblich.
Dass das Thema Wasser auf großes Interesse stößt, zeigte die rege Beteiligung des Publikums. Eine der Fragen lautete: Wie viel Wasser verbraucht eigentlich die Landwirtschaft? Laut Engelhardt ist das sehr unterschiedlich: In Nordbrandenburg liegt der Anteil am Wasserverbrauch bei 20 %, in Südbrandenburg nur bei 2,5 %. Mit dem Ziel, die regionale Landwirtschaft auszubauen, werde dieser Bedarf jedoch deutlich steigen.
Ein weiteres Thema: Warum wird Regenwasser – z. B. von Dächern – nicht stärker genutzt?
Die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung sei komplex, so Bathe. Bei privaten Immobilien habe die Stadt keinen direkten Zugriff. Über die Regenwasseragentur werde das Thema aber aktiv angegangen.
Welche Lösungansätze gibt es?
Mit dem „Masterplan Wasser“ hat die Stadt Berlin eine umfassende Strategie vorgelegt, um auf zukünftige Herausforderungen zu reagieren. Der Plan enthält 32 Maßnahmen, darunter:
– die Aufrüstung von Kläranlagen
– bessere Regenwasserbewirtschaftung
– Entsiegelung von Flächen
– und die Begrenzung von Wasserentnahmen
Es handele sich um sogenannte „No-Regret-Maßnahmen“, erklärte Bathe – also Schritte, die unabhängig von der weiteren Entwicklung der Lage sinnvoll und wirksam sind.
Auch die Forschung liefert konkrete Ansätze: Irina Engelhardt stellte das Prinzip der künstlichen Grundwasseranreicherung vor. Dabei wird Starkregenwasser gezielt versickert, um den Grundwasserspiegel aufzufüllen – mit dem Ziel, es flussabwärts wieder nutzen zu können. Eine effektive und vergleichsweise gut akzeptierte Maßnahme, so Engelhardt.
Ein komplexes Thema, das Zusammenarbeit braucht
Die Diskussion zeigte, wie komplex die Zukunft der Wasserversorgung ist – und wie viele gesellschaftliche, politische und technische Aspekte zusammenspielen.
„Wasser für alle?“ war nicht nur der Titel des Abends – sondern auch eine Einladung, gemeinsam über Verantwortung, Handlungsspielräume und Zukunftslösungen nachzudenken.