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Neue Wirkstoffe aus dem Computer

Die Open Source Plattform „VirtualFlow“ untersucht Milliarden Moleküle in kürzester Zeit

News vom 29.04.2020

Einem internationalen Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Beteiligung von Forschenden der Freien Universität Berlin und der Technischen Universität Berlin ist es gelungen, eine Plattform zu entwickeln, die Milliarden potenzielle Wirkstoffe in kürzester Zeit untersuchen kann. Die Arbeit wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature publiziert. Angeregt durch die Corona-Pandemie haben die Forscherinnen und Forscher jetzt begonnen, mithilfe der Plattform „VirtualFlow“ nach potenziellen Wirkstoffen zu suchen, die die Coronavirus-Proteine blockieren könnten.

Die Entwicklung neuer Wirkstoffe in der Medizin kann viele Jahre dauern und Milliarden Euro kosten. Ein bewährtes Prinzip der medizinischen Wirkstoffforschung ist es, krankmachende Proteine im Körper durch das Einbringen von kleinen Molekülen zu hemmen. Diese Moleküle binden fest an einer bestimmten Position an das krankmachende Protein und manipulieren oder hemmen es so. Das Problem: Es gibt potenziell eine riesige Anzahl an mehr oder weniger gut passenden kleinen Molekülen, die Grundlage für einen neuen medizinischen Wirkstoff sein könnten und potenziell alle getestet werden müssen. Computersimulationen, die die aufwändigen Laborexperimente ersetzen, haben das Potenzial, diese Probleme zu lösen.

„In einer Computersimulation können wir die Fähigkeit eines kleinen Moleküls, an ein krankmachendes Protein zu binden – auch ‚docken‘ genannt –, testen. Macht man dies mit vielen kleinen Molekülen, nennen wir das virtuelles Screening. Diesen Ansatz gibt es bereits, allerdings konnte bisher routinemäßig nur eine relativ geringe Zahl von kleinen Molekülen in solchen virtuellen Screenings getestet werden“, erläutert Christoph Gorgulla, Postdoctoral Research Fellow an der Harvard University, der mit einem Stipendium des Einstein Center for Mathematics (ECMath) an der Freien Universität Berlin promovierte und auf dessen Promotion die wesentlichen Ergebnisse der Veröffentlichung beruhen.

Das Forschungsteam entwickelte die Plattform „Virtual Flow“, die es ermöglicht, in kurzer Zeit nicht nur Millionen, sondern Milliarden von kleinen Molekülen parallel durch Computersimulationen auf ihre Bindungsfähigkeit an ein bestimmtes Protein zu testen. „Anstatt auf einem gewöhnlichen Computer läuft ‚VirtualFlow‘ auf Supercomputern, welche viele Tausend Prozessoren enthalten. Es funktioniert auch auf Clouds“, so Dr. Konstantin Fackeldey, Privat-Dozent am Institut für Mathematik der Technischen Universität Berlin, der unter anderem im Rahmen des Berliner Exzellenzclusters Math+ mit dem Zuse-Institut Berlin kooperiert und Teil des Projektteams ist.

Google hat den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern jetzt zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, um seine Cloud-Computing-Plattform zu nutzen und damit nach möglichen Kandidaten für Wirkstoffe gegen das Coronavirus zu suchen. „VirtualFlow“ ist als eine freie Open-Source Plattform verfügbar und steht somit allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kostenfrei zur Verfügung.

Weitere Informationen

An open-source drug discovery platform enables ultra-large virtual screens. Authors: Christoph Gorgulla, Andras Boeszoermenyi, Zi-Fu Wang, Patrick D. Fischer, Paul Coote, Krishna M. Padmanabha Das, Yehor S. Malets, Dmytro S. Radchenko, Yurii S. Moroz, David A. Scott, Konstantin Fackeldey, Moritz Hoffmann 4, Iryna Iavniuk, Gerhard Wagner, Haribabu Arthanari: www.nature.com/articles/s41586-020-2117-z, DOI: 10.1038/s41586-020-2117-z

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