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Die virtuelle Realität, also VR, öffnet Räume, die in der Wirklichkeit nicht zugänglich sind. Wie funktioniert das?

Mit der VR können wir dreidimensionale, begehbare und dynamische Bilder erschaffen, in denen wir uns räumlich orientieren können. Man kann hineingehen, anstatt nur vor einem Bildschirm zu sitzen. Man kann dort Dinge erfahren oder sogar anfassen, die anders gar nicht sichtbar sind und auch sehr komplexe Themen veranschaulichen.

Für „Stretching Materialities“, eine unserer experimentellen Ausstellungen, haben wir einen Bimsstein mit Computertomographie gescannt und aus den realen Daten eine Miniaturhöhle designt. Mit einem VR-Headset kann man hineingehen, sie von innen anschauen sowie die verborgenen Gänge, Röhren und Verwitterungsprozesse in dem porösen Gestein entdecken. Solche Prozesse können wir Menschen normalerweise gar nicht wahrnehmen, weil sie Hunderte von Jahren dauern.

Mein Kollege Clemens Winkler hat darüber hinaus Wolkenstrukturen erzeugt, denn Wolken sind eine hochaktive Materie. Sie umgeben uns als Klima und verändern sich ständig durch Luftbewegungen, Feuchtigkeit oder Temperatur. All diese globalen verborgenen Aktivitäten haben Einfluss auf unser Leben. Wenn wir sie verstehen, ändert sich auch unser Verständnis der Welt.

 Und wie reagieren die Menschen auf diese virtuellen Ausflüge?

Das kommt auf die Interaktionsmöglichkeiten in dem begehbaren Raum an. Kann man etwas anfassen, sich bewegen oder die Dinge von verschiedenen Seiten wahrnehmen? VR-Experimente mit Hunderten Studierenden haben gezeigt: Die erste Reaktion ist oft die ausgestreckte Hand. Man will etwas anfassen, anders als am Bildschirm. Das liegt daran, dass das menschliche Gehirn intuitiv reagiert, dass wir räumlich denken, und zwar jüngere genauso wie ältere Menschen.

In der VR gibt es den typischen Alters-Gap beim Umgang mit der Technik nicht, der bei Smartphone oder Computer typisch ist. Die Letzteren erfordern erlerntes Interaktionswissen, das Medium VR ist viel intuitiver, weil es räumliche Eindrücke erzeugen kann. Dabei befindet sich der ganze Körper in dem Raum, und der Hauptcontroller ist der eigene Kopf. In „Stretching Materialities“ konnte man den gesamten Ausstellungsraum begehen und sogar mit einem virtuellen Fahrstuhl über mehrere Etagen fahren, was den physischen, realen Raum versechsfacht hat. Das war übrigens europaweit einmalig.