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Ausgangssituation der Programmentwicklung 2003

Die Zukunftsfähigkeit des Hochschul- und Wissenschaftssystems sichern

Hochschulautonomie, Profilbildung und Qualitätssicherung sind Leitthemen der aktuellen Diskussion über die Zukunftsfähigkeit des deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystems. Für die langfristige Sicherung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen spielen die Nachwuchsförderung und die Gewinnung der besten wissenschaftlichen Nachwuchskräfte eine strategisch entscheidende Rolle. Weltweit konkurrieren Wissenschaftsorganisationen heute um das "Kapital der Köpfe" – und dieser Wettbewerb um die Talente wird sich im Zuge des demografischen Wandels noch gravierend verschärfen. Gleichzeitig ist im laufenden Generationenwechsel rund die Hälfte der Professuren neu zu besetzen.

Die Hochschulrektorenkonferenz und der Wissenschaftsrat haben wiederholt die herausragende Bedeutung einer verbesserten Nachwuchsförderung betont und die Schaffung international wettbewerbsfähiger Rahmenbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs angemahnt. Auf EU-Ebene haben die Bildungsminister*innen die Bedeutung der Nachwuchsförderung für die Zukunftsfähigkeit der europäischen Wissenschaftssysteme im Rahmen des Bologna- und des Lissabon-Prozesses nachdrücklich hervorgehoben. Ungenutzte Begabungsressourcen zu erschließen und neue Konzepte für eine bessere Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu entwickeln, sind zentrale Herausforderungen für die Hochschulen in den kommenden Jahren.

 

Die Professionalisierung des Nachwuchses fördern

Im Zuge der umfassenden Reformprozesse verändert sich gleichzeitig das Anforderungsprofil für Professuren. Gebraucht werden nicht nur Persönlichkeiten, die herausragende wissenschaftliche Leistungen erbringen. Erforderlich sind darüber hinaus professionelle Führungs- und Managementfähigkeiten, hochschul- und wissenschaftspolitisches Engagement und strategische Kompetenzen, damit die Reformen erfolgreich gestaltet und umgesetzt werden können. Notwendig ist daher eine Neuausrichtung der Nachwuchsförderung, die neben einer exzellenten wissenschaftlichen Fachausbildung die Professionalisierung des Nachwuchses für Führungsaufgaben im Hochschulbetrieb verbessert.

Mit Blick auf eine künftige, systematische Personal- und Führungskräfteentwicklung sind innovative Konzepte zu erarbeiten, die den Know-how-Transfer und die Vernetzung innerhalb der Scientific Community intensivieren, die erforderlichen Führungskompetenzen beim Nachwuchs gezielt entwickeln und den Dialog zwischen dem Wissenschaftssystem und den anderen gesellschaftlichen Bereichen unterstützen. Neben bewährten Qualifizierungsformen wie Seminaren und Trainings sollten dabei neue Instrumente wie Mentoring und ein strategisch ausgerichtetes Networking eingesetzt werden, um begabte Nachwuchskräfte bestmöglich zu fördern.

 

Ungenutzte Leistungspotenziale von Frauen

Bei den vorhandenen Nachwuchstalenten konnten die Hochschulen die Begabungen und Qualifikationen von Frauen bislang kaum erschließen. Obwohl mittlerweile mehr als die Hälfte der Abiturient*innen und fast die Hälfte aller Hochschulabsolvent*innen weiblich sind, sinkt der Anteil der Frauen auf den anschließenden akademischen Qualifikationsstufen rapide ab. Laut Statistischem Bundesamt wurden in 2002 nur 36,4% der Promotionen und 21,6% der Habilitationen von Frauen abgeschlossen. Im selben Jahr waren nur knapp 12% aller Hochschul-Professuren und gerade einmal 8% der C4-Professuren mit einer Frau besetzt. Hier gehen den Hochschulen Leistungspotenziale in erheblichem Maße verloren, auf die sie nicht verzichten können und wollen.

 

Barrieren für Karrieren von Frauen

In der Hochschulforschung wurden verschiedene Faktoren identifiziert, die qualifizierten Frauen eine Karriere in der Wissenschaft erschweren.

  • Tradierte Rollenerwartungen und männlich geprägte Leitbilder und Fachkulturen bewirken, dass begabte Frauen seltener zu einer akademischen Karriere motiviert werden als ihre männlichen Kollegen.
  • Nachwuchswissenschaftlerinnen erhalten weniger persönliche Unterstützung bei ihrer Karriereplanung und sind in geringerem Maße in relevante Netzwerke integriert. Sie profitieren daher auch weniger vom informellen Wissens- und Erfahrungstransfer in der Scientific Community.
  • Frauen konzentrieren sich stark auf ihre wissenschaftliche Qualifizierung und entwickeln flankierende Karrierestrategien tendenziell in geringerem Maße als ihre männlichen Kollegen.
  • Darüber hinaus machen die langen Karrierewege im akademischen Qualifizierungssystem und die hohen Anforderungen an die persönliche Mobilität und Verfügbarkeit es gerade Wissenschaftlerinnen schwer, Beruf und Familie zu vereinbaren.

 

Professorinnen für die Hochschulen von morgen gewinnen

Mit dem ProFiL-Programm wollen die drei Trägeruniversitäten diesen Barrieren entgegenwirken und die Leistungspotenziale von Wissenschaftlerinnen besser erschließen. Es wird ein neues Konzept der Nachwuchsförderung erprobt, um die Teilnehmerinnen gezielt auf künftige Führungs- und Managementaufgaben in der Wissenschaft vorzubereiten. Das gemeinsame Programm soll dazu beitragen, den Frauenanteil an den Professuren mittel- bis langfristig zu erhöhen. Engagement für mehr Diversität und für Chancengleichheit ist dabei für die Berliner Trägeruniversitäten nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern ein Gebot hochschulpolitischer Vernunft und ein wettbewerbsstrategischer Erfolgsfaktor.