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Die Welt gesünder machen

Mit ihrer Grand Challenge Initiative Global Health widmet sich die Berlin University Alliance dem Ziel der Verbesserung der Gesundheit aller Menschen

20.04.2021

Dem Thema Global Health widmet sich die zweite Grand Challenge Initiative der Berlin University Alliance.

Dem Thema Global Health widmet sich die zweite Grand Challenge Initiative der Berlin University Alliance.
Bildquelle: Pixabay / Pexels

Luftverschmutzung, Migration, Klimawandel, soziale Ungleichheit – all das hat Einfluss auf die Gesundheit von Menschen weltweit. Probleme, die sich nicht innerhalb der Grenzen eines einzigen Landes und eines Forschungsbereichs lösen lassen. Und auch die aktuelle Corona-Pandemie hat gezeigt: Um die Gesundheit der Weltbevölkerung zu verbessern und Krankheiten zu bekämpfen, ist mehr denn je Zusammenarbeit gefragt.

Dem Thema Global Health widmet sich die zweite Grand Challenge Initiative der Berlin University Alliance. Unter den Begriff Global Health fallen Konzepte und Interventionen zur Verbesserung der Gesundheit in einer globalisierten Welt. Dabei geht es nicht nur um Fragen der erfolgreichen medizinischen Bekämpfung von Krankheiten, sondern ebenso um soziale Aspekte, Umweltschutz und Klimawandel, Städteplanung und weltweite Ernährung. Neben den Gesundheitswissenschaften sind daher auch Rechts-, Umwelt-, Natur- und Sozialwissenschaften sowie Politik, Religion, Philosophie, Material-, Ingenieur- und Kommunikationswissenschaften für Global Health zentral.

Hansjörg Dilger ist Professor für Sozial- und Kulturanthropologie und Leiter der Arbeitsstelle Medical Anthropology an der Freien Universität Berlin.

Hansjörg Dilger ist Professor für Sozial- und Kulturanthropologie und Leiter der Arbeitsstelle Medical Anthropology an der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: Marisa Maza

„Die Grand Challenge Initiative bietet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, gesundheitliche und gesellschaftliche Aspekte von Anfang an zusammenzudenken“, sagt Hansjörg Dilger, Professor für Sozial- und Kulturanthropologie und Leiter der Arbeitsstelle Medical Anthropology an der Freien Universität Berlin. Als Mitglied des Expertinnen- und Expertenkreises Global Health wird er am zweistufigen Auswahlprozess der Initiative beteiligt sein. Besonders wünschenswert fände er es, wenn weitere gesellschaftliche Institutionen in die Projekte eingebunden würden, etwa Bürgerinnen und Bürger, die sich weltweit in Communities vor Ort für die Verbesserung von Gesundheit einsetzten. Solche Kooperationen sind auch für Hansjörg Dilgers eigene Arbeit von zentraler Bedeutung. Er ist einer der vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Verbundpartnerinnen, die sich auf vielfältigste Weise mit dem Thema Global Health beschäftigen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten untersucht er, wie Gesellschaften international mit Gesundheit und Krankheit umgehen. Schwerpunktmäßig hat er in afrikanischen Ländern wie Tansania und Südafrika, aber auch in Migrationszusammenhängen in Berlin, geforscht, unter anderem zum Umgang mit HIV.

Derzeit beobachtet Hansjörg Dilger, wie unterschiedliche Gesellschaften auf die weltweite Corona-Pandemie reagieren. Wie unter einem Brennglas zeige sich hier auch die Ungleichheit auf der Welt, wie soziale Gruppen unterschiedlich von Krankheit betroffen sind, je nachdem, welchen Zugang sie zu gesundheitlicher Versorgung haben, unter welchen Bedingungen sie ihr Einkommen bestreiten, oder wie sie sich informieren (können). Daneben haben politische Rahmenbedingungen und historische Erfahrungen mit früheren Epidemien einen Einfluss.

„Jetzt erlebt auch Europa, wie verletzlich es ist, wenn es um globale Infektionskrankheiten geht.“ Hansjörg Dilger

„In vielen asiatischen und afrikanischen Ländern konnten weitreichende Maßnahmen viel schneller umgesetzt werden, weil die Menschen bereits Erfahrungen mit Krankheiten wie SARS, Tuberkulose oder Ebola haben“, sagt Hansjörg Dilger. Die Bevölkerungen wissen, welche verheerenden Folgen die Ausbreitung einer solchen Krankheit haben könne und sei deshalb schneller bereit mitzugehen. In manchen Ländern löse Polizei oder Militär, die auf den Straßen patrouillierten, um die Einhaltung der Maßnahmen zu kontrollieren, zwar durchaus auch – berechtigte – Ängste aus. Doch gäbe es solche drastischen Interventionen von Regierungen auch in anderen Zusammenhängen, weshalb sie auch bei der Eindämmung der Pandemie eher akzeptiert werden.

In der Erfahrung mit der weltweiten Pandemie sieht Hansjörg Dilger aber auch eine Chance, dass sich der sogenannte Globale Norden und der Globale Süden zukünftig anders begegnen. Die beiden Bezeichnungen werden dabei nicht als strikt abgegrenzte geographische Gebiete verstanden, sondern als Begriffe, die bestehende Hierarchien sowohl in der Politik als auch der Wissenschaft bezeichnen. „Der Globale Norden sah sich bisher vor allem als Teil der Welt, in dem Technologien zur Lösung von Gesundheitsproblemen generiert, erzeugt und exportiert werden“, sagt der Sozialwissenschaftler. Bisher seien wir von potenziell grenzüberschreitenden Krankheiten wie Ebola oder SARS selbst nicht betroffen gewesen. Jetzt erlebe auch Europa, wie verletzlich es ist, wenn es um globale Infektionskrankheiten gehe.

„In Zukunft müssen wir die Expertise gerade auch aus afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern viel stärker mit unserem Wissen im Globalen Norden zusammendenken“, sagt Hansjörg Dilger. Ziel sollte eine gleichberechtige Kooperation sein statt des alten Denkens von oben nach unten. Das sei jedoch keineswegs eine leichte Aufgabe, denn in Folge historischer Entwicklungen und postkolonialer Abhängigkeiten sind Forschungsbedingungen ungleich verteilt. Wie lässt sich globales Wissen in einen gleichberechtigten Austausch bringen? Auch das könnte ein Aspekt sein, der sich im Rahmen der Grand Challenge Initiative Global Health näher untersuchen ließe.

Reinhard Busse ist Professor für Management im Gesundheitswesen an der Fakultät Wirtschaft und Management der Technischen Universität Berlin.

Reinhard Busse ist Professor für Management im Gesundheitswesen an der Fakultät Wirtschaft und Management der Technischen Universität Berlin.
Bildquelle: Robert-Bosch-Stiftung

„Vergleichsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Ländern erweitern unseren Horizont“, sagt auch Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der Fakultät Wirtschaft und Management der Technischen Universität Berlin. Mit seiner Arbeit hat er maßgeblich zur Entwicklung der internationalen Gesundheitssystemforschung beigetragen. In seinem 30-köpfigen Team arbeitet er mit Forscherinnen und Forschern aus Medizin, Politik- und Wirtschaftsingenieurswissenschaften sowie dem Fachbereich Public Health zusammen. Sie interessieren sich beispielsweise für die Frage: Welche Kriterien gelten in einem Land, um jemanden ins Krankenhaus zu schicken? Nimmt man diese Perspektive ein, fällt auf, dass in unseren Nachbarstaaten ein Drittel weniger Menschen ins Krankenhaus kommt, was nicht daran liegt, dass es hierzulande mehr Kranke gibt. „Wir haben viel mehr Betten und bezahlen die Krankenhäuser dafür, wenn diese belegt sind“, sagt Reinhard Busse.

Auch das Thema Antibiotika-Resistenzen betrachtet Reinhard Busse, der ebenfalls zum Expertenkreis Global Health der Berlin University Alliance gehört, aus einer weltumfassenden Perspektive. „Die Verwendung von Antibiotika variiert in verschiedenen Ländern, was nichts damit zu tun hat, ob es mehr oder weniger bakterielle Infektionen gibt“, sagt der Mediziner. Die Gründe liegen zum Beispiel in regulatorischen Gegebenheiten. In Ländern wie Spanien kann man Antibiotika in der Apotheke kaufen, Hausärzte verschreiben sie unterschiedlich oft, die Bevölkerung wird mehr oder weniger über Nebenwirkungen informiert.

„Global-Health-Forschende müssen breiter und in größeren Zusammenhängen denken.“ Reinhard Busse

„Eine entscheidende Rolle spielt zudem der Antibiotika-Gebrauch in der kommerziellen Tierhaltung“, sagt Reinhard Busse. Über die globale Produktion von Fleisch gelange es in die Nahrungskette von Millionen Menschen weltweit. Wolle man also das Problem, dass es keine wirksamen Gegenmittel gegen bestimmte Keime mehr gibt, auf deutschen Krankenstationen bekämpfen, müsse man auch in Betracht ziehen, den weltweiten Antibiotika-Verbrauch zu senken. „Global-Health-Forschende müssen breiter und in größeren Zusammenhängen denken“, sagt Reinhard Busse. „Am Ende kehren ihre Erkenntnisse aber wieder zu den Ärztinnen und Ärzten vor Ort zurück.“ Vielschichtige Probleme wie diese ließen sich nur lösen, wenn Menschen mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen und Herangehensweisen zusammenkommen. „Davon lebt auch die Grand Challenge Initiative“, sagt Reinhard Busse.

Das zeigte sich auch in Bezug auf die erste Ausschreibung der Grand Challenge Initiatives, die sich dem Thema Social Cohesion widmete. Auf die Frage „Was hält unsere globale Gesellschaft im Kern zusammen?“ gingen so viele überzeugende Bewerbungen für Forschungsvorhaben ein, dass seit Oktober 2020 sechs anstatt der zunächst geplanten fünf Projekte mit einem Gesamtvolumen von 7,1 Millionen Euro gefördert werden. Eines davon beschäftigt sich beispielsweise damit, welche Rolle Museen im Zentrum virulenter gesellschaftlicher Debatten spielen. Hier arbeiten Forscherinnen und Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin und der Technische Universität Berlin mit dem Museum für Naturkunde und dem Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin zusammen. Weitere Projekte beschäftigen sich damit, wie in der Migrationsgesellschaft Solidarität entsteht und welche Wechselwirkungen es zwischen unserem Ernährungssystem und Fragen des sozialen Zusammenhalts gibt.

Die Grand Challenge Initiative Global Health wird durch ein Research Forum begleitet, das die Initiative auf eine breitere Basis stellt. Hier sollen sich gesellschaftliche Akteurinnen und Akteure aus unterschiedlichen Bereichen – Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Gesellschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft – in den Forschungsprozess einbringen können.

Ausschreibung zur Grand Challenge Initiative Global Health

Im Rahmen der Grand Challenge Initiative Global Health fördert die Berlin University Alliance mit dem Call „Determinants of Global Health: Exploring Biological, Human-made & Environmental Factors“ Projekte zur Erforschung der entscheidenden Faktoren, die die globale Gesundheit beeinflussen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können sich mit einem innovativen, exzellenten Forschungsprojekt zu globaler Gesundheit bewerben. Dabei sollen die Projekte einen transdisziplinären Forschungsansatz verfolgen. Das bedeutet, dass sie außerwissenschaftliche Expertise, zum Beispiel aus der Zivilgesellschaft oder aus der Politik, mit einbinden. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass mindestens zwei der zum Berliner Exzellenzverbund gehörenden Einrichtungen beteiligt sind. Die Projekte werden mit maximal 450.000 Euro pro Jahr für bis zu drei Jahre gefördert. Ziel ist es, dass sich durch die Anschubförderung langfristig größere interdisziplinäre Verbundforschungsprojekte mit außerwissenschaftlicher Beteiligung in Berlin entwickeln. Denn mit der Gründung der Berlin University Alliance haben sich die Freie Universität Berlin, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Technische Universität Berlin und die Charité – Universitätsmedizin Berlin das gemeinsame Ziel gesetzt, die Hauptstadt als einen integrierten Forschungsraum zu gestalten, der sich gesellschaftlichen Herausforderungen von globaler Bedeutung – Grand Challenges – verschreibt.

Alle Informationen zur Ausschreibung und Bewerbung stehen ab dem 26. April auf der Website der Gand Challenge Initiative Global Health zur Verfügung.

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