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„In der Gesellschaft für die Gesellschaft“

Ein gemeinsamer Fotowettbewerb der University of Oxford und der Berlin University Alliance zeigt das vielseitige gesellschaftliche Engagement von Studierenden

23.04.2020

Der gemeinsame Fotowettbewerb der Berlin University Alliance und der University of Oxford möchte den gesellschaftlichen Mehrwert studentischen Engagements sichtbar machen.

Der gemeinsame Fotowettbewerb der Berlin University Alliance und der University of Oxford möchte den gesellschaftlichen Mehrwert studentischen Engagements sichtbar machen.
Bildquelle: Dominic Simon

Ehrenamtliche Tätigkeit im Sportverein, Mithilfe bei Projekten für Geflüchtete, Unterstützung verschiedenster Nachhaltigkeitsinitiativen – Studierende engagieren sich auf vielfältige Weise für die Gesellschaft. Gezeigt haben sie es bei der Love Oxford-Berlin Photo Competition, die Anfang Februar im Rahmen der Oxford/Berlin-Wissenschaftskooperation veranstaltet wurde. Beteiligen konnten sich Studierende der University of Oxford sowie der Partnereinrichtungen der Berlin University Alliance – Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin. Von jeder Einrichtung war zudem eine Person in der Jury vertreten.

„Das Lachen der Senioren während gemeinsamer Spiele und die Dankbarkeit, die sie mir als Helferin entgegenbringen, machen für mich jeden Besuch zu einem ganz besonderen und unbezahlbaren Erlebnis“, schrieb Sarah Bchir zu ihren Instagram-Fotos. Die 18-Jährige studiert Psychologie an der Freien Universität Berlin. Nebenbei besuchte sie wöchentlich bis zum Ausbruch des neuen Coronavirus die Bewohnerinnen und Bewohner eines Seniorenheims und hilft ihnen unter anderem beim Einnehmen der Mahlzeiten, liest ihnen vor, geht mit ihnen spazieren, fordert sie beim Gedächtnistraining heraus oder unterhält sich einfach mit ihnen.

Sarah Bchir studiert Psychologie an der Freien Universität Berlin.

Sarah Bchir studiert Psychologie an der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: privat

Die Selbstlosigkeit, ihre anfänglichen Zweifel zu überwinden und den Seniorinnen und Senioren zu helfen, an Freude und Würde festzuhalten, hat die Wettbewerbsjury überzeugt, Sarah Bchir den ersten Preis des Fotowettbewerbs zu verleihen. Ihr sei eine bodenständige Darstellung ihrer Arbeit gelungen, ohne die Bewohnerinnen und Bewohner dabei ihrer Würde zu berauben, erklärt die Jury. Auf diese Weise zeige sie ein hervorragendes Beispiel für den sozialen Zusammenhalt zwischen jungen und älteren Menschen, der in unserer Zeit dringend benötigt werde.

Sarah Bchir zeigte im Fotowettbewerb ihre Unterstützung in einem Seniorenheim.

Sarah Bchir zeigte im Fotowettbewerb ihre Unterstützung in einem Seniorenheim.
Bildquelle: privat

Gewonnen hat die Berlinerin eine Reise für zwei Personen nach Oxford. Wann sie die Koffer packen kann, ist allerdings wegen der Reise- und Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung des neuen Coronavirus ungewiss. Schlimmer ist für Sarah Bchir jedoch, dass sie dadurch auch die Seniorinnen und Senioren nicht mehr besuchen kann. „Die Erfahrungen, die ich in der Tagespflege gemacht habe sind allesamt unfassbar wertvoll. Ich hoffe sehr, dass ich bald alle gesund und munter wiedersehe.“

Ihre ehrenamtliche Tätigkeit habe auch ihre persönlichen Zukunftsziele geprägt, erzählt Sarah Bchir: „Ich habe unglaublich viel über den Umgang mit Erkrankungen wie Demenz und Alzheimer gelernt, zu denen ich vorher keinerlei Bezug hatte.“ Mittlerweile könne sie sich gut vorstellen, nach dem Studium in der Forschung im Bereich der Neuropsychologie tätig zu sein und zum Beispiel Untersuchungen des geistigen Leistungsvermögens bei Demenz durchzuführen und Methoden zu erforschen, wie man dieses verbessern kann.

„Im Notfall helfen kann nämlich wirklich jede und jeder.“ Alina Schultze-Berndt

Medizinstudierende geben im Projekt „Jeder kann ein Held sein“ Erste Hilfe Kurse in Grundschulen.

Medizinstudierende geben im Projekt „Jeder kann ein Held sein“ Erste Hilfe Kurse in Grundschulen.
Bildquelle: Alina Schultze-Berndt

Drei weitere Teilnehmerinnen der Love Oxford-Berlin Photo Competition haben jeweils einen Büchergutschein über 50 Euro gewonnen. Die Studierenden haben insgesamt eine große Bandbreite an gesellschaftlichem Engagement gezeigt. Doch nur wenigen sei es gelungen, so die Jury, eine Geschichte in einem einzigen Bild umfassend festzuhalten – so wie Alina Schultze-Berndt von der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Medizinstudentin Alina Schultze-Berndt

Medizinstudentin Alina Schultze-Berndt
Bildquelle: privat

Die 22-Jährige ist seit drei Jahren im studentischen Projekt „Jeder kann ein Held sein“ tätig. Die Medizinstudierenden zeigen Grundschulkindern unter anderem die stabile Seitenlage, eine Herz-Druck-Massage, wie Verbände angelegt werden und erklären, wann Warndreiecke und -westen nötig sind. Ihr Wettbewerbsfoto versetzt den Betrachter und die Betrachterin in die Perspektive eines der Kinder und zeigt, was für die Jury „soziales Engagement von seiner besten Seite darstellt: in der Gesellschaft stattfinden, für die Gesellschaft.“

„Es existieren kaum vergleichbare Angebote für diese Altersstufe“, sagt Alina Schultze-Berndt. „Wir wollen, dass dieses lebensrettende Wissen im Laufe des Lebens immer wieder wiederholt wird und dadurch weniger in Vergessenheit gerät.“ Die Kinder hätten großes Interesse an dem Thema und löcherten die Freiwilligen mit Fragen. Ein positiver Nebeneffekt sei es, wenn die Kinder das Wissen Zuhause weitergeben und eventuell ihre Eltern dafür sensibilisieren, auch selbst nochmal einen Erste Hilfe Kurs zu besuchen, sagt die Medizinstudentin. „Denn im Notfall helfen kann nämlich wirklich jede und jeder!“

„Wo die Zivilcourage keine Heimat hat, reicht die Freiheit nicht weit.“ Willy Brandt

Die Stolpersteine erinnern an die Schicksale von Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus.

Die Stolpersteine erinnern an die Schicksale von Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus.
Bildquelle: Gizem Erol

Stolpersteine putzen – gegen das Vergessen. Alleine und still kämpft Gizem Erol gegen das Vergessen an. „Die Steine liegen schon in der Erde, es muss nur jemanden geben, der sie immer wieder zum Glänzen bringt“, schreibt sie – und fügt ihrem Foto ein Zitat von Willy Brandt hinzu: „Wo die Zivilcourage keine Heimat hat, reicht die Freiheit nicht weit.“

Gizem Erol studiert Jura an der Freien Universität Berlin.

Gizem Erol studiert Jura an der Freien Universität Berlin.
Bildquelle: privat

Die Jurastudentin der Freien Universität Berlin hat zum ersten Mal 2017 an einer allgemeinen Stolperstein-Putzaktion teilgenommen – und ist seitdem regelmäßig in Mitte und Kreuzberg unterwegs. „Die Geschichten der Personen interessieren mich, doch meistens finde ich wenig Informationen über ihr Leben“, sagt die 19-Jährige.


„75 Jahre nach der Befreiung Europas vom nationalsozialistischen Terror bleibt das Gedenken an die Prüfungen dieser widerspenstigsten Epoche in der deutschen Geschichte schmerzlich relevant“, erklärt die Jury.

Der Beitrag von Gizem Erol zeige, dass es die Pflicht jedes Einzelnen sei, seinen individuellen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt zu leisten, da der fremdenfeindliche Hass im Reden und Handeln weltweit zunehme.

„Dieses allumfassende Problem verlangt nun mal nach dem Engagement von uns allen.“ Jana Söller

Volksinitiative "Klimanotstand Berlin"

Volksinitiative "Klimanotstand Berlin"
Bildquelle: privat

Viele Studierende unterstützen Klimaprojekte, die sie in der Love Oxford-Berlin Photo Competition gezeigt haben. Die Jury war sich der großen Bedeutung jedes einzelnen Engagements in diesem Bereich voll bewusst und hatte keine leichte Entscheidung darüber, welcher individuelle Ansatz die Anerkennung am meisten verdient.

Jana Söller überzeugte mit ihrer Darstellung ihrer persönlichen Reise im Klimaaktivismus von den Anfängen bei Fridays for Future-Demonstrationen bis hin zur Einladung ins Abgeordnetenhaus als Vertrauensperson der Volksinitiative „Klimanotstand Berlin“ und dem direkten Gespräch mit dem Umweltausschuss.

Jana Söller studiert Kultur und Technik mit dem Schwerpunkt Bildungswissenschaften an der Technischen Universität Berlin.

Jana Söller studiert Kultur und Technik mit dem Schwerpunkt Bildungswissenschaften an der Technischen Universität Berlin.
Bildquelle: privat

Genau genommen hat ihre persönliche Reise sogar noch früher angefangen. Denn die 26-Jährige hat ihr Studium der Kultur und Technik mit dem Schwerpunkt Bildungswissenschaften an der Technischen Universität Berlin aus dem Wunsch heraus begonnen, ihren „Beitrag zur Verbesserung der Menschheit an der Wurzel anzupacken“, denn Bildung sei wesentlich für eine gute und selbstreflektierte Entwicklung. Mit ihrem nachhaltigen Engagement spinne sie den roten Faden in ihrem Leben also weiter.

„Engagement bedeutet für mich, sich auf nachhaltige Weise für eine wichtige, gesellschaftliche Sache einzusetzen“, schreibt Jana Söller zu ihren Fotos. Und dafür lässt sie sich auch nicht von ihren eigenen Hemmschwellen abhalten: „Vor Referaten habe ich mich immer gern gedrückt. Aber als ich einen guten Grund hatte, nämlich meine Mitmenschen über die Klimakrise zu informieren, fiel es mir immer leichter, auch vor sehr vielen Menschen zu sprechen.“ Zudem habe sie sich durch ihr Engagement viele Kompetenzen aneignen können, wie gewaltfreie Kommunikation, Politik- und Pressearbeit sowie Veranstaltungsmanagement. Auf jeden Fall werde sie sich auch weiterhin politisch engagieren, sagt die Berlinerin. „Dieses allumfassende Problem verlangt nun mal nach dem Engagement von uns allen.“

„Die natürliche Schönheit unserer Umgebung ist eine ständige Erinnerung daran, unser Bestes für unseren Planeten zu geben.“ Triin Ojakaar

Schneeglöckchen im Garten der St. Edmund Hall

Schneeglöckchen im Garten der St. Edmund Hall
Bildquelle: Triin Ojakaar

Nachhaltiges Engagement hat auch an der University of Oxford beeindruckt. Die Psychologie-Studentin Triin Ojakaar setzt sich an der St. Edmund Hall – eines der Colleges der Universität – in einer studentischen Beratungsstelle dafür ein, Wege zu finden, wie umweltfreundliche Einstellungen und Verhaltensweisen am gesamten College gefördert werden können.

Triin Ojakaar, Psychologie-Studentin an der University of Oxford

Triin Ojakaar, Psychologie-Studentin an der University of Oxford
Bildquelle: privat

Das Ziel ist es, es zu zum grünsten College in Oxford zu machen. „Die natürliche Schönheit unserer Umgebung hier ist eine ständige Erinnerung daran, unser Bestes für unseren Planeten zu geben“, schreibt die 25-Jährige.

Es sei eine sehr enge Entscheidung zwischen den herausragenden Finalistinnen und Finalisten gewesen, erklärt die Jury. Die Qualität des Fotos und der Ehrgeiz des Vorhabens hätten sie schließlich überzeugt. Triin Ojakaar gewinnt mit ihrem Engagement und ihrem Foto eine Reise für zwei Personen nach Berlin. Alle Beteiligten hoffen, dass auch sie ihre Koffer bald packen kann.

Weitere Informationen

Mit der Love Oxford-Berlin Photo Competition wollen die fünf Partnerinnen der Oxford/Berlin Wissenschaftskooperation – University of Oxford, Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin – soziales Engagement würdigen und diesen gesellschaftlichen Mehrwert sichtbar machen. Die Kooperation baut auf den bereits vielfältigen, bestehenden Forschungsbeziehungen auf und soll die Zusammenarbeit zwischen Oxford und der Berlin University Alliance fördern.

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