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Auf dem Weg zur grünen Chemie

Mit Musik, Tanz und eindrucksvollen Experimenten eröffnete die Technische Universität Berlin feierlich den einzigen naturwissenschaftlichen Cluster Berlins, UniSysCat.

15.10.2019

Faszination Katalyse:  Stefan Schutte, technischer Mitarbeiter am Institut für Chemie der Technischen Universität Berlin, präsentierte bei der feierlichen Eröffnung des Exzellenzclusters zwei chemische Reaktionen.

Faszination Katalyse: Stefan Schutte, technischer Mitarbeiter am Institut für Chemie der Technischen Universität Berlin, präsentierte bei der feierlichen Eröffnung des Exzellenzclusters zwei chemische Reaktionen.
Bildquelle: Dominic Simon

Bereits das Musikstück, das eingangs durch das voll besetzte Audimax der Technischen Universität Berlin schallt, macht klar, dass hier etwas Großes entstehen soll: Benjamin Brittens „A Young Person’s Guide to the Opera“, bei dem alle Orchester-Instrumente zunächst einzeln spielen, um dann zu einem eindrucksvollen Ganzen zusammenzukommen, ist für Matthias Drieß die Quintessenz der Wissenschaft: „Im Orchester spielen alle gemeinsam, aber jeder hat sein eigenes Instrument“, sagte der Professor für Chemie an der Technischen Universität Berlin und einer der drei Sprecher des Exzellenzclusters UniSysCat. Als Moderator führte er durch die Eröffnungsfeier. „Damit das funktioniert, braucht es gute Kommunikation.“ Auf gute Kommunikation setze auch UniSysCat. Es geht um Katalyse, darum, chemische und biologische Prozesse mit möglichst wenig Aktivierungsenergie zu beschleunigen.

„In den vergangenen zehn Jahren haben wir gelernt, als Biologen und Chemiker eine gemeinsame Sprache zu sprechen“, sagte Arne Thomas, auch er Chemie-Professor an der Technischen Universität Berlin und ebenfalls Sprecher von UniSysCat, bei seinem Festvortrag. „Jetzt haben wir uns auf den Weg gemacht, die Katalyseforschung nicht nur zu optimieren, sondern sie zu revolutionieren.“ Das als Grundlagenforscher sagen zu dürfen, sei ein „Luxus“, die Motivation eine grüne Chemie. „Chemische Prozesse müssen energieschonender werden“, erklärte Thomas dem Auditorium. „Dafür ist es unglaublich wichtig, weiter an Katalyse zu forschen.“

„Die Forschung, die hier stattfindet, ist von großem Interesse für Menschen in der ganzen Welt.“ Christian Thomsen

Christian Thomsen, Präsident der Technischen Universität Berlin, lobte in seiner Begrüßungsrede diesen neuen – grünen – Forschungsaspekt. Durch die Klimademonstrationen Fridays for Future sei dieser „noch mal neu befeuert“ worden. „Die Forschung, die hier stattfindet, ist von großem Interesse für Menschen in der ganzen Welt“, sagte Thomsen. Die zum Cluster gehörende Graduiertenschule Berlin International Graduate School of Natural Sciences and Engineering (BIG-NSE) bilde dabei eine wichtige Schnittstelle. „Die Absolventen tragen die Idee der grünen Chemie mit ins Berufsleben.“

Unterstützt wird UniSysCat dabei auch von der Senatskanzlei für Wissenschaft und Forschung, wie Staatssekretär Steffen Krach betonte. „Ich bin wirklich froh, dass dieser Cluster erfolgreich war.“ Es sei „unglaublich beeindruckend, wie die Wissenschaftler aus Berlin daran gearbeitet haben, diesen Exzellenzcluster möglich zu machen“.

Katalyseforschung gilt als wesentliche Treiber für die „grüne Chemie“, die auf Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung setzt.

Katalyseforschung gilt als wesentliche Treiber für die „grüne Chemie“, die auf Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung setzt.
Bildquelle: Dominic Simon

Was bereits möglich ist, erklärte Cynthia Friend, vielfach ausgezeichnete Chemikerin und seit 1982 Professorin an der Harvard University in den USA. Sie versucht, über Jahrzehnte hinweg stabile Katalysatoren herzustellen; ihr Ziel ist die langfristige chemische Speicherung von Energie. Friend war während der Ausarbeitung des Clusters als Beraterin im engen Austausch mit dem UniSysCat-Team und hofft, auch in Zukunft mit den Berlinern zu kooperieren. „Traditionelle Grenzen zwischen den Naturwissenschaften werden hier eingerissen“, sagte Friend später beim Sektempfang. Das sei neu und sehr beeindruckend. „Diesen Prozess zu gehen, wird die Mühen wert sein. Ich bin gespannt, was UniSysCat hervorbringen wird.“

Wie faszinierend katalytische Prozesse schon heute sein können, zeigte an diesem Abend Stefan Schutte. Der technische Mitarbeiter am Institut für Chemie der Technischen Universität Berlin präsentierte im Audimax zwei Reaktionen, für die das Licht gedimmt und klassische Musik aufgedreht wurde. Bei der Briggs-Rauscher-Reaktion, der oszillierenden Iod-Uhr, zersetzt sich unter Beigabe von Stärke Wasserstoffperoxyd zu Sauerstoff und Wasser. In einem Aquarium-ähnlichen Schaukasten wogten dabei sprudelnde blaue Wellen auf und nieder, verwirbelten sich und verschwanden, um sich im nächsten Moment wie aus dem Nichts wieder in blauen Wellen aufzubäumen. In einem weiteren Experiment brachte Eisen als Katalysator in einer Mischung aus Luminol und Wasserstoffperoxyd fluoreszierende Farben hervor – die blau schimmernde Ausgangsflüssigkeit floss durch drei Ventile und wurde in den Auffangbehältern zu den Neonfarben gelb, pink und grün.

„Wissenschaft, besonders die Chemie, ist genau das: Leidenschaft und Mut, die Dinge in Frage zu stellen.“ Matthias Drieß

Als weitere Show-Einlage inszenierten sechs Schauspiel-Studierende der Universität der Künste Berlin ein Tanzschauspiel. Unter der Regie von Giorgi Jamburia, Student des Szenischen Schreibens, wandelten sie in weißen Ganzkörperkostümen auf die Bühne und lüfteten den Schleier von einer riesigen Leiter. Nur einer der sechs wagte es zunächst, die Leiter mit einer brennenden Kerze zu erklimmen. Später probierten es auch die anderen, doch jeder für sich scheiterte. Erst gemeinsam sollte es ihnen schließlich gelingen, die Kerze hinauf zu bringen.

Gute Stimmung im Anschluss an die feierliche Eröffnung: Juri Rappsilber vom Fachbegiet Bioanalytik der TU Berlin mit Matthias Drieß.

Gute Stimmung im Anschluss an die feierliche Eröffnung: Juri Rappsilber vom Fachbegiet Bioanalytik der TU Berlin mit Matthias Drieß.
Bildquelle: Dominic Simon

Ihn habe das Stück sehr bewegt, sagt Matthias Drieß später bei einem Getränk im Foyer. „Wissenschaft, besonders die Chemie, ist genau das: Leidenschaft und Mut, die Dinge in Frage zu stellen“, so Drieß. „Es geht darum, den Schleier zu lüften und zu ergründen, was dahinterliegt.“ Genau das habe UniSysCat in den kommenden sieben Jahren vor. Und am Ende werden die einzelnen Forschungsgruppen die Katalyse hoffentlich auf ein neues Level gehoben haben – gemeinsam, wie die Instrumente eines Orchesters.

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