Wissen für alle
Das Open-Access-Büro Berlin unterstützt die drei großen Berliner Universitäten, die Charité sowie weitere Wissenschaftseinrichtungen des Landes dabei, wissenschaftliche Publikationen frei online zur Verfügung zu stellen.
13.07.2018
Der Begriff Open Access beschreibt die Idee, dass wissenschaftliche Informationen uneingeschränkt und kostenlos online verfügbar sein sind.
Bildquelle: Justin Cormack / wikimedia.org / CC BY-SA 2.0
Der Gedanke hinter dem Begriff Open Access ist einfach erklärt: Mit dem Wegfallen finanzieller, technischer und rechtlicher Barrieren sollen wissenschaftliche Informationen uneingeschränkt und kostenlos online verfügbar sein. Durch freien Zugang kann Wissen innerhalb der Gesellschaft verbreitet und von jedermann genutzt werden, in der Wissenschaft entsteht ein Mehrwert durch die freie Zirkulation von Forschungsergebnissen. Diese Idee entstand zunächst im Kreise der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Schritt für Schritt wurden in den Forschungseinrichtungen die nötigen Infrastrukturen für das Open-Access-Publizieren aufgebaut. Unterstützung dafür kommt nicht zuletzt auch aus der Politik. Dies zeigt die Open-Access-Strategie für Berlin, die Ende 2015 von Berliner Senat und Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. Im Bereich Publikationen ist dabei das Ziel, bis zum Jahre 2020 den Anteil an wissenschaftlichen Open-Access-Publikationen für Zeitschriftenartikel aus allen Wissenschaftseinrichtungen in der Zuständigkeit des Landes Berlin auf 60 Prozent zu steigern. Zudem sollen Forschungsdaten zunehmend in zitierfähiger Form veröffentlicht und so für andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzbar gemacht werden. Auch kulturelles Erbe – also beispielsweise Kunstwerke, Bauten und historische Dokumente – soll weiter digitalisiert und somit umfassender und freier zugänglich werden.
„Die Berliner Open-Access-Strategie ist etwas Besonderes“, erklärt Christina Riesenweber vom Open-Access-Büro Berlin (OABB). „Denn so konkrete Ziele und ein Büro wie unseres als Koordinierungsstelle – das gibt es woanders nicht.“ Das Büro wurde im September 2016 als zentrale Maßnahme der Open-Access-Strategie eingerichtet. Seitdem ist es für die Beratung und Vernetzung der beteiligten Einrichtungen zuständig, um die Umsetzung der Berliner Open-Access-Strategie voranzubringen.
"Wir treiben die Vernetzung zwischen den Berliner Institutionen voran."
Christina Riesenweber und Andreas Hübner haben Interesse und Begeisterung zum Open- Access-Büro Berlin geführt: „Ich fand das Thema schon immer spannend, habe mich mehrere Jahre am Helmholtz Open Access Koordinationsbüro damit beschäftigt und bin froh, durch meine Arbeit für das Open-Access-Büro wieder zurück in diesem Metier zu sein“, erklärt Andreas Hübner. Christina Riesenweber ist durch eigene Publikationserfahrungen zu ihrem Arbeitsschwerpunkt gekommen: Sie hat vor zehn Jahren die immer noch existierende Open-Access-Zeitschrift textpraxis.net gegründet und anschließend beim Wissenschaftsverlag DeGruyter gearbeitet. „Wenn man sich mit digitalem wissenschaftlichen Publizieren beschäftigt, gehört Open Access einfach dazu.“, sagt sie.
Die Aktivitäten des OAAB richten sich vorrangig an Beschäftigte, die Open-Access-Infrastrukturen an den Universitäten vorantreiben und meist in den Bibliotheken oder den Forschungsabteilungen arbeiten. Sie sollen nötige Open-Access-Expertise als Rüstzeug erhalten.
Hübner und Riesenweber nennen Kollaboration und Kooperation als Prinzipien, die ihre Arbeit am besten beschreiben: „Wir treiben die Vernetzung zwischen den Berliner Institutionen voran. Inzwischen kennen sich die Open-Access-Verantwortlichen aus den verschiedenen Einrichtungen gut, es gibt viel Austausch“ so Hübner. Dieser Austausch findet unter anderem in Workshops und vom OABB koordinierten Arbeitsgruppen statt. Eine der AGs bringt dabei die Open-Access–Beauftragten der drei großen Berliner Universitäten und der Charité einmal im Quartal zusammen: Prof. Dr. Andreas Degkwitz für die Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr. Vera Meyer für die Technische Universität Berlin, Lisa Liebenau für die Charité – Universitätsmedizin Berlin und Christina Riesenweber selbst als Open-Access-Beauftragte der Freien Universität Berlin. „Hier gibt es oft Gesprächspunkte, an denen wir feststellen, dass alle an ähnlichen Problemstellungen arbeiten“. Dabei sei der Austausch auf praktischer Ebene oft sehr produktiv, so dass Synergien gefunden würden und neue Ideen zustande kämen. Das nähmen auch die Kolleginnen und Kollegen als großen Mehrwert wahr, so Christina Riesenweber.
Christina Riesenweber (links) und Andreas Hübner (rechts) sind im Rahmen iherer Arbeit für das Open-Access-Büro Berlin für die Beratung und Vernetzung der beteiligten Einrichtungen zuständig.
Bildquelle: Sophie Schmalenberger
Zudem ist die Beratung der einzelnen Einrichtungen per Mail, am Telefon sowie durch das strukturierte Zusammenstellen von Informationen auf der Webseite des OABB sowie im Rahmen persönlicher Besuche in den einzelnen Einrichtungen wichtiger Teil der Arbeit des OABB. „Momentan beraten wir viel zu Open-Access-Policies, also Leitlinien für den Umgang mit und Zielsetzungen bezüglich Open Access in den einzelnen Institutionen. Denn das nächste Ziel ist es, dass alle Häuser solche Leitlinien verabschiedet haben“, so Andreas Hübner. Bei Beratung, Workshops und Arbeitsgruppen geht es laut Christina Riesenweber jedoch nicht darum, allgemein gültige Vorgaben zu machen, sondern einen guten, informierten Austausch zwischen den Open-Access-Verantwortlichen der verschiedenen Einrichtungen zu fördern. Nicht für alles könne man immer eine institutionsübergreifende Lösung finden – die Hauptsache sei, dass miteinander geredet werde, so Christina Riesenweber.
"Kollaboration ist das Schlüsselwort."
Nach gut eineinhalb Jahren zeigt die Arbeit des OABB konkrete Ergebnisse: Neben der Benennung von Open-Access-Beauftragten in allen Einrichtungen haben Christina Riesenweber und Andreas Hübner an erfolgreichen Anträgen auf DFG-geförderte Publikationsfonds der drei großen Berliner Universitäten mitgearbeitet. „Aber das ist nicht nur unser Verdienst, sondern der aller AGs und Beteiligten insgesamt: Kollaboration ist hier das Schlüsselwort.“, betont Christina Riesenweber.
Die Förderung von Open Access bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Diese Hürden liegen allerdings weniger in der Natur des Verfahrens, sondern in der notwendigen Umstellung etablierter Publikationswege und -strukturen. Christina Riesenweber erklärt: „Um das Publizieren in Open-Access-Zeitschriften zu finanzieren, gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine ist eine institutionelle Grundförderung zu schaffen, die die Publikationskosten deckt; die andere ist, dass von den Autorinnen und Autoren für jeden Artikel eine Bearbeitungsgebühr verlangt wird. Das sind bei manchen Zeitschriften 500, bei anderen 5.000 Euro. Die bereits erwähnte DFG-geförderte Publikationsfonds aber sind zum Beispiel bei 2.000 Euro gedeckelt. Dadurch entsteht ein Dilemma: Bin ich an einem guten ausgestatteten Lehrstuhl oder Projekt, kann ich es mir leisten auch in teuren Zeitschriften zu publizieren, bin ich finanziell weniger gut ausgestattet kann ich das nicht.“
Man müsse auch zwischen Text- und Datenpublikationen unterscheiden: Wenn wir von Open Access reden, meinen wir meist Texte und wissenschaftliche Publikationen – also das, was ohnehin schon publiziert wird, soll frei online zugänglich gemacht werden. „Da treffen wir generell weniger auf Ablehnung als auf Informationsbedürfnis“, erläutert Hübner. Hier will das Open-Access-Büro beispielsweise mit dem Mythos aufräumen, Open-Access-Journale hätten geringere Qualität und weniger Ansehen in der wissenschaftlichen Community. Das sei in der Anfangsphase auch stellenweise so gewesen, als neue Publikationsmedien naturgemäß eine geringere Reichweite als etablierte Journale gehabt hätten. Diese Phase sei aber schon lange überwunden und in manchen Bereichen wie ¬– zum Beispiel den Geowissenschaften – seien Open-Access-Zeitschriften ganz vorn mit vertreten, erklärt Hübner. Grundsätzlichere Vorbehalte gäbe es seitens der Forschenden hingegen häufiger bei der Publikation von Forschungsdaten. Hier hätte es für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oftmals erste Priorität, ihre eigenen Daten vollständig auszuwerten, bevor diese anderen zur Verfügung gestellt würden.
"Die Bedeutung von Open Access wird auch im Rest Deutschlands und Europa erkannt."
Eine Herausforderung, die in der zweiten Jahreshälfte 2018 konkret angegangen werden soll, ist das Thema Monitoring, also das Erfassen der Anteile von Open-Access-Publikationen an den beteiligten Einrichtungen und somit in der Berliner Wissenschaftslandschaft insgesamt: „Es gibt hier bisher keine einheitliche Erfassung der Open-Access-Publikationen und wir bekommen keine Zahlen aus den Häusern, sondern zählen Open-Access-Publikationen von Berliner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in externen Datenbanken.“, erklärt Hübner. Auf dieser Methode beruhe auch der im April erschienene Open-Access-Bericht für Berlin.
Das OABB ist auch über die die Berliner Stadtgrenzen hinaus aktiv. „Die Bedeutung von Open Access wird auch im Rest Deutschlands und Europa erkannt und durch politische Maßnahmen gefördert. Hier sind wir ständig aktiv im Kontakt mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Bundesländern. Und der Wissens- und Erfahrungstransfer, der hier stattfindet ist sehr wichtig.“ berichtet Riesenweber.
Gefragt nach langfristigen Wünschen im Bereich Open Access betont Christina Riesenweber: „Wenn wir irgendwann unsere eigene Notwendigkeit abgeschafft haben, weil alle wissenschaftlichen Publikationen open access sind – das wäre großartig!“.