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Mit Forschungs-Know-how Lösungen für Alltagsprobleme finden

Bewerberinnen und Bewerber der Freien Universität, der Humboldt-Universität, der Technischen Universität Berlin und der Charité stellten ihre Gründungsprojekte einer Jury des Berliner Startup Stipendiums vor

12.06.2018

Freie Universität Berlin, die Technische Universität Berlin, die Charité – Universitätsmedizin Berlin und die Humboldt-Universität zu Berlin fördern mit der Berliner Startup Stipendium seit 2016 Gründerinnen und Gründer.

Freie Universität Berlin, die Technische Universität Berlin, die Charité – Universitätsmedizin Berlin und die Humboldt-Universität zu Berlin fördern mit der Berliner Startup Stipendium seit 2016 Gründerinnen und Gründer.
Bildquelle: Marion Kucka

Gleich neben den friedlich anmutenden Bienenstöcken und Gewächshäusern des Instituts für Biologie ging es kämpferisch zu: Im Flachbau von Profund Innovation, der Service-Einrichtung für Wissens- und Technologietransfer in der Abteilung Forschung der Freien Universität Berlin, in der Haderslebener Straße in Berlin-Dahlem, stellten sich Gründerteams vor, die eine Finanzierung für ihre Geschäftsidee mit Bezug zur universitären Forschung suchen. Zwei Tage lang traten 21 Teams zum Pitch, also zu einer kurzen Präsentation, vor den Juroren an. Wer überzeugen konnte, wird mit dem Berliner Startup Stipendium gefördert. Das heißt: Zwei bis vier Teammitglieder erhalten für einen Zeitraum zwischen sechs und zwölf Monaten je 2000 Euro pro Monat. So sind die Lebenshaltungskosten gedeckt, während das Team einen Prototyp entwickeln und die Unternehmensgründung vorantreiben kann.

"Ein großer Vorteil des Berliner Startup Stipendium: Wir können zügig entscheiden."

Mit dem Berliner Startup Stipendium fördern die Freie Universität Berlin, die Technische Universität Berlin, die Charité – Universitätsmedizin Berlin und die Humboldt-Universität zu Berlin bereits seit 2016 gemeinsam Gründerinnen und Gründer, die innovative, technologiebasierte Geschäftsideen umsetzen wollen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat mit Unterstützung des Europäischen Sozialfonds 4,3 Millionen Euro für das Programm bewilligt. Bewerbungsschluss für die ersten Runde war am 30. April. Die besten Bewerberinnen und Bewerber aus den beteiligten Universitäten wurden zur Präsentation zugelassen. In der Jury waren erfolgreiche Gründerinnen und Gründer aus dem Umfeld der beteiligten Universitäten ebenso vertreten wie Netzwerkpartner der Gründungsförderungen, die Erfahrung in der Bewertung von Gründungsprojekten haben. Eine Entscheidung über Zu- oder Absage wurde nach Sichtung aller Teams noch am selben Tag gefällt.

Andreas Schindler und Stefan Junk vom Team „Deep Neuron Lab“ der Technischen Universität Berlin.

Andreas Schindler und Stefan Junk vom Team „Deep Neuron Lab“ der Technischen Universität Berlin.
Bildquelle: Marion Kucka

„Das ist ein großer Vorteil des Berliner Startup Stipendiums“, sagt Aneta Bärwolf, die das Programm an der Freien Universität Berlin leitet. „Wir können zügig entscheiden. Im Fall einer Zusage beginnt die Förderung bereits am 1. Juni. So schnell kommt die Antwort weder bei anderen Förderprogramme noch bei privaten Investoren.“

Mit Volldampf loslegen wollen Stefan Junk und Andreas Schindler vom Team Deep Neuron Lab der Technischen Universität Berlin. Andreas Schindler hat neun Jahre in der Versicherungsbranche gearbeitet und eine Idee entwickelt, wie lästige Routinearbeiten beim Vermitteln von individuellen Versicherungen durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden können. Stefan Junk hatte in seiner Forschung am Institut für Luft- und Raumfahrt der Technischen Universität mit Software-Problemen zu tun, die sich auf die Versicherungswirtschaft übertragen lassen. Demnächst haben die Gründer einen Termin bei einer größeren Versicherung, die an einem Pilotprojekt interessiert ist. Ihr Konzept und erste Erfolge bei der Umsetzung überzeugten die Jury – und sicherten dem Team einen Platz auf der Liste für die Zusagen.

Andreas Ganske, Simon Kempendorf und Fabio Tacke von der Humboldt-Universität zu Berlin treten unter dem Teamnamen „Let’s meet“ an.

Andreas Ganske, Simon Kempendorf und Fabio Tacke von der Humboldt-Universität zu Berlin treten unter dem Teamnamen „Let’s meet“ an.
Bildquelle: Marion Kucka

Auch die Informatiker Andreas Ganske, Simon Kempendorf und Fabio Tacke von der Humboldt-Universität zu Berlin wollen ein Alltagsproblem lösen: Es könnte so praktisch sein, seinen Standort anderen per Handy mitzuteilen. „Für Lieferungen, Notfälle, private Verabredungen oder Car Sharing ist die Standortfreigabe ein echter Mehrwert“, sagt Andreas Ganske. „Aber viele Menschen schrecken davor zurück, ihre Standortdaten den großen Internetunternehmen zu überlassen.“ Mit Kryptografie-Software will das Team „Let’s meet“ eine Infrastruktur dafür schaffen, Standortdaten im Einzelfall sicher und befristet nur für ganz bestimmte Empfänger freizugeben. Für ein Paket, das Komfort, Privatsphäre und Effizienz verbindet, seien Unternehmen und Nutzer sicher bereit zu zahlen, davon ist das Team überzeugt. Die Jury gab grünes Licht für ein Stipendium.

Tassilo Weber und Roope Kärki stellten ihre Ideen für die App „Yolife“ vor.

Tassilo Weber und Roope Kärki stellten ihre Ideen für die App „Yolife“ vor.
Bildquelle: Marion Kucka

Tassilo Weber und Roope Kärki von der Freien Universität begannen ihren Pitch mit der Frage, wer von den Anwesenden ein stressiges Leben führe. Viele Hände gingen hoch, auch die der beiden Gründer selbst. Dass Stress ungesund ist, ist allgemein bekannt, doch wie viele Lebensjahre kostet er wirklich? Die App Yolife fragt ihre Nutzer nach risikoreichen Gewohnheiten und rechnet auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse die gesunde Lebenserwartung aus. Dazu gibt es Anregungen und Unterstützung dafür, ungesundes Verhalten zu ändern und so langfristig die eigene Lebenserwartung zu verbessern. Nach der Präsentation gingen die Meinungen in der Jury auseinander: Würde man selbst eine solche App nutzen? Ein Pluspunkt für das Team: Die Mitglieder hatten einen hochprofessionellen Plan vorgelegt und konnten passende Qualifikationen vorweisen: Neben seinem Masterabschluss in Philosophie hat Tassilo Weber eine Design Thinking-Ausbildung am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam absolviert und war bereits als Berater für Start-ups und als Programmierer tätig. Auch Roope Kärki und das dritte Teammitglied Or Sarfati haben viel Erfahrung mit Entwicklung und Design von Apps. Die Jury einigte sich auf ein positives Votum.

Laura Bücheler und Isabella Hillmer traten mit Ihrer Gründungsidee namens „Ghost – feel it“ an.

Laura Bücheler und Isabella Hillmer traten mit Ihrer Gründungsidee namens „Ghost – feel it“ an.
Bildquelle: Max Power

Laura Bücheler und Isabella Hillmer traten für die Charité – Universitätsmedizin Berlin an. Sie arbeiten an einer Orthese in Form eines Handschuhs, die Menschen mit Nervenschäden oder einem amputierten Arm das Gefühl für Temperaturen und den Tastsinn zurückgeben soll.

Isabella Hillmer hat Psychologie, Neurowissenschaften und Industriedesign studiert und war danach in der Forschung und in einem Start-up tätig. Laura Bücheler ist Ingenieurin für Medizintechnik und hat Erfahrung in einem Unternehmen für Sensoren gesammelt. Für ihre Gründungsidee mit Namen „Ghost – feel it“ wurde das Team bereits 2017 mit dem „Smart Wearables x Smart Textiles“-Award der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ausgezeichnet, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Auch von der Jury kam Rückenwind: Mit dem Berliner Startup Stipendium können die Gründerinnen ihr Produkt nun ab 1. Juni weiter voranbringen.

„Wir bieten mit dem Stipendium die Möglichkeit, ohne hohes Risiko die ersten Schritte zu machen.“

Am Ende durften sich insgesamt 16 Start-ups aus allen beteiligten Einrichtungen über ein Stipendium freuen. „Die Teams sehen genau dorthin, wo es Probleme gibt. Und sie nutzen das Know-how aus der Forschung, um Lösungen entwickeln“, fasst Thomas Wagner von der Humboldt-Universität zu Berlin den Pitch-Marathon zusammen. Ob allerdings unter den Projekten solche sind, die wir in ein paar Jahren alle kennen werden, sei schwer einzuschätzen. „Wir können nicht in die Zukunft sehen“, sagt Jurymitglied Marcus Luther von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Berlin Health Innovations, dem gemeinsamen Technologietransfer des Berlin Institute of Health und der Charité. „Aber genau darum bieten wir mit dem Stipendium die Möglichkeit, ohne hohes Risiko die ersten Schritte zu machen.“ Dabei wird jedes Team von einer wissenschaftlichen Mentorin oder einem Mentor unterstützt, hat Zugang zu Gründerräumen und Laboren auf dem Campus und wird von den Gründungsförderungen der Hochschulen beraten. Weitere Vorteile ergeben sich aus der gemeinsamen Trägerschaft der Universitäten: „Die Teams sind zwar jeweils einer Hochschule zugeordnet, können aber auch die Angebote zur Gründungsunterstützung an den anderen Universitäten nutzen“, erklärt Diana Bauer von der Technischen Universität Berlin. Zudem werde der Erfahrungsaustausch zwischen den Gründerinnen und Gründer mit gemeinsamen Veranstaltungen gefördert.

Bewerbungen für die nächste Runde des Berliner Startup Stipendiums sind noch bis 30. Juli 2018 möglich. Danach werden weitere Teams eingeladen, ihre Gründungsprojekte vor der Jury zu präsentieren.

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