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“Wir wollen den Wissenschaftsstandort Berlin noch stärker machen“

Die Leitungen der drei großen Berliner Universitäten und der Charité sprachen im rbb-Inforadio in der Reihe WissensWerte über die Chancen, die Spitzenforschung in Berlin durch den bundesweiten Exzellenzwettwerb zu stärken.

31.05.2018

Auf dem Podium des 95. Treffpunkt WissensWerte (v.r.n.l.): rbb-Wissenschaftsredakteur Thomas Prinzler, Karl Max Einhäupl (Charité), Sabine Kunst (Humboldt-Universität) Christian Thomsen (Technische Universität), Peter-André Alt (Freie Universität)

Auf dem Podium des 95. Treffpunkt WissensWerte (v.r.n.l.): rbb-Wissenschaftsredakteur Thomas Prinzler, Karl Max Einhäupl (Charité), Sabine Kunst (Humboldt-Universität) Christian Thomsen (Technische Universität), Peter-André Alt (Freie Universität)
Bildquelle: Frederic Schweizer

Außerhalb der Universitäten und Forschungseinrichtungen ahnen wohl die wenigsten, wie Hochschulen dem Herbst entgegenfiebern: Am 27. September wird offiziell feststehen, welche Anträge für Großprojekte im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs um Forschungsmittel für zunächst sieben Jahre gefördert werden. Dann wird auch klar sein, welche Universitäten sich in der Exzellenzstrategie um die Auszeichnung Exzellenzuniversität bewerben dürfen; die Entscheidung darüber wird am 19. Juli 2019 bekannt gegeben.

Beim 95. Treffpunkt WissensWerte, einer aufgezeichneten Gesprächsreihe vom rbb-Inforadio in Kooperation mit der Technologiestiftung Berlin sprachen die Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin, Professorin Sabine Kunst, die Präsidenten der Freien Universität Berlin und der Technischen Universität Berlin, Professor Peter-André Alt und Professor Christian Thomsen, sowie der Vorstandsvorsitzende der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Professor Karl Max Einhäupl über die Bewerbung ihrer Einrichtungen. Moderiert wurde die Veranstaltung von rbb-Wissenschaftsredakteur Thomas Prinzler.

Aus keiner anderen Stadt oder Region gebe es so viele Anträge wie aus Berlin, sagte Thomas Prinzler, auch eine Bewerbung im Verbund strebten nur die drei großen Berliner Universitäten mit der Charité an. Warum seien etwa die Universitäten in München skeptischer? Warum gebe es ausgerechnet aus Berlin so viele Anträge, wollte Moderator Thomas Prinzler wissen: Gehe man nach dem Motto vor: „viel hilft viel“? Auf keinen Fall, sagte der Präsident der Technischen Universität Berlin, Christian Thomsen. Die Fülle von insgesamt neun in der Vorauswahl erfolgreichen Anträgen aus unterschiedlichen Fachgebieten werde durch das große Fächerspektrum der universitären Forschung in Berlin möglich. Die Initiativen seien von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die oftmals ohnehin institutionenübergreifend denken, „bottom up“ entwickelt worden, also von der Basis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Vielfalt als eine besondere Qualität universitärer Forschung hob auch Peter-André Alt hervor, Präsident der Freien Universität Berlin und von August 2018 an Präsident der Hochschulrektorenkonferenz: „Nur Universitäten verfügen über Fächer in einer solchen Breite.“ Auf diese Weise könnten die Hochschulen auf einzigartige Weise innovativ forschen. Diese Dynamik werde auch den Berliner Gemeinschaftsantrag ausmachen.

Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität Berlin, unterstrich Vielfalt als besondere Qualität innovativer Forschung an den drei großen Berliner Universitäten und der Charité.

Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität Berlin, unterstrich Vielfalt als besondere Qualität innovativer Forschung an den drei großen Berliner Universitäten und der Charité.
Bildquelle: Frederic Schweizer

„Nur Universitäten verfügen über Fächer in einer solchen Breite.“
Peter-André Alt

„Die Qualität einer Universität zeigt sich in ihrer Erneuerungsfähigkeit“, sagte Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin, es komme auf die Kreativität ihrer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an, immer neue Forschungsfelder zu entwickeln. Selbst wenn nicht alle neun Projekte im September bewilligt würden, behandelten die Anträge wichtige Themen, deren Erforschung auch auf anderem Weg umgesetzt werden solle. Als medizinische Fakultät gleich zweier Universitäten mit Exzellenzstatus sei die Charité sozusagen „doppelt exzellent“, sagte Einhäupl. Die Freie Universität Berlin war bereits 2007 in der ersten Runde des Exzellenzwettbewerbs, der damals noch Exzellenzinitiative hieß, ausgezeichnet worden und verteidigte ihren Titel 2012; die Humboldt-Universität erhielt den Zuschlag 2012.

Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Karl Max Einhäupl im Gespräch mit rbb-Wissenschaftsredakteur Thomas Prinzler.

Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Karl Max Einhäupl im Gespräch mit rbb-Wissenschaftsredakteur Thomas Prinzler.
Bildquelle: Frederic Schweizer

„Die Qualität einer Universität zeigt sich in ihrer Erneuerungsfähigkeit.“
Karl Max Einhäupl

„Was hat die Exzellenzinitiative in den Universitäten bewirkt?“, fragte Thomas Prinzler. Sabine Kunst und Peter-André Alt, die die beiden Berliner Exzellenz-Universitäten leiten, zogen eine positive Bilanz. Durch die zusätzlichen Mittel habe man eine neue Personalentwicklung betreiben und die internationalen Aktivitäten ausbauen können, sagte Alt. „Wir haben das Geld klug vermehrt.“ Sabine Kunst hob hervor, dass das man Freiräume für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geschaffen habe. Die Exzellenzinitiative habe so enorm zu Profilbildung der Einrichtungen beigetragen.

Insgesamt habe sich das Ansehen der Universitäten und der Wissenschaft in Berlin im vergangenen Jahrzehnt stark verbessert, sagte Peter-André Alt. Auch durch die Politik erfahre man größere Wertschätzung: schließlich habe die Wissenschaft für die Stadt eine große Bedeutung, Universitäten schafften Arbeitsplätze und machten sich um die Integration verdient – etwa durch Angebote für Geflüchtete.

Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin erläutert, was die finanziellen Mittel aus der Exzellenzinitiative an ihrer Universität bewirken konnten.

Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin erläutert, was die finanziellen Mittel aus der Exzellenzinitiative an ihrer Universität bewirken konnten.
Bildquelle: Frederic Schweizer

„Der Wissenschaftsstandort Berlin endet nicht an den Stadtgrenzen“
Sabine Kunst

Auch international habe der Wettbewerb zur Sichtbarkeit der Berliner Universitäten beigetragen, berichtete Karl Max Einhäupl, das zeige sich bei internationalen Berufungen. Und Sabine Kunst hob hervor, dassder Reputationsgewinn den monetären Gewinn bei Weitem übersteige.“

Auf diese Weise kommt der Exzellenzwettbewerb auch ganz Berlin als Wissenschaftsstandort zugute, betonten die vier Gäste im kleinen Sendesaal des Rundfunkhauses an der Masurenallee. Auch, wenn sich aus formalen Gründen nur ein Verbund von drei Einrichtungen bewerben könne, mit Hochschulen in Brandenburg, wie der Universität Potsdam, bestünden enge Kooperationen. „Der Wissenschaftsstandort Berlin endet nicht an den Stadtgrenzen“, sagte Sabine Kunst.

Das Abschneiden in der sogenannten zweiten Förderlinie des Wettbewerbs ist für die Einrichtungen besonders wichtig, denn während die Universitäten in der Exzellenzinitiative die Auszeichnung nur auf Zeit verliehen bekamen, werden sie nun für sieben und - bei einer positiven Zwischen-Begutachtung - für bis zu 14 Jahre zur „Exzellenzuniversität“. Für die Berliner Einrichtungen steht also einiges auf dem Spiel: Auch, wenn der Wettbewerb inzwischen nicht mehr für so viel medialen Wirbel sorge ­– „wir sind ja in der Forschung und nicht beim Fußball“, sagte Peter-André Alt –, das Interesse der „Universitätsrepublik“ an der Berliner Kooperation sei groß.

Der Präsident der Technischen Universität Berlin, Christian Thomsen auf dem Podium des 95. Treffpunkt WissensWerte.

Der Präsident der Technischen Universität Berlin, Christian Thomsen auf dem Podium des 95. Treffpunkt WissensWerte.
Bildquelle: Frederic Schweizer

Wir wollen gesellschaftlich relevante Themen bewegen – vielleicht noch stärker als zuvor.“ Christian Thomsen

Für die Zukunft haben sich die Leitungen der vier Einrichtungen vorgenommen, mehr in die Stadt hineinzuwirken und auch international noch mehr sichtbar zu werden. Außerdem wolle man gemeinsam den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern und für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt ein attraktives Ziel sein, erklärte Christian Thomsen. „Wir wollen gesellschaftlich relevante Themen bewegen – vielleicht noch stärker als zuvor.“ Indem man Institutionengrenzen überwindet, könne man ganz neue Potenziale entfalten, sagte Peter-André Alt. „Wir wollen den starken Wissenschaftsstandort Berlin noch stärker machen“.